Hadith: Der Prophet beleidigt die Türken?



Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen!
Vorwort
Ich wurde neuerdings mit einer  Behauptung konfrontiert, die ich aber auch eines Tages erwartet hatte. Da ich ein Muslim mit türkischem Migrationshintergrund bin, wurden mir Aussprüche des Propheten Muhammad () zitiert, in denen die Türken angeblich beleidigt werden. Mir wurde vorgeworfen, wie ich einer Religion folgen kann, die meine Nationalität, Rasse und Herkunft derart beleidigt. Hier wurde - wie so oft - versucht, mit nationalen Gefühlen zu spielen. Wir wissen ja bereits, dass christliche Missionare und Prediger Meister darin sind, mit den Gefühlen und Emotionen der Menschen zu spielen, um sie von ihrer Religion abzubringen. Der große Vorteil bei ihrer Strategie ist es hierbei, den Muslim in einen benebelten Zustand zu versetzen, in dem er nicht klar denken kann, da emotionale Argumente und Behauptungen oftmals das logische Denken des Menschen ausschalten bzw. diesen gar nicht benötigen.
Jedenfalls geht es um Hadithe, in denen der Prophet () die Türken beschreibt, welche Islamhasser jedoch als Beleidigung interpretieren, weil sie nicht wirklich viel auffassen können. Diese Behauptung ähnelt der Behauptung bzgl. des Rosinenkopf-Hadithes, siehe HIER.
Wir wollen ebenfalls anmerken, dass die Behauptung, der Prophet Muhammad () beleidige die Türken, hauptsächlich von Christian Prince stammt.
Weiterhin möchte ich anmerken, dass es Behauptungen bezüglich dieser Hadithe auch aus dem nicht-christlichen Spektrum gibt. Unwissende Muslime, die wortwörtlich aus ihrem Unwissen heraus sprechen und sich mit den Hadithen als 2. legitime Quelle des Islam nicht auskennen bzw. von ihnen vermutlich durch diese Hadithe zum ersten Mal gehört haben, behaupten, dass Araber im Nachhinein solche „türkenfeindliche“ Hadithe erfunden haben und beziehen das entweder auf den allgemeinen „Hass der Araber“ auf die Türken oder insbesondere auf die Auseinandersetzungen des Osmanischen Reiches mit Arabien. Wir werden unten in unserer allgemeinen Antwort auf die Missionare sehen, dass solche Behauptungen der irregeleiteten Muslime Fehl am Platz sind, da es normale Beschreibungen sind und nicht wirklich Türken Anatoliens angesprochen werden. Allgemein sind solche Vorwürfe seitens Muslimen sowieso fehl am Platz, da sie so aufgrund ihres Unwissens die Autorität der Hadithe in Frage stellen.
Die Hadithe
Ich zitiere hier beispielhaft einige Hadithe. Die meisten Hadithe bzgl. dieses Themas ähneln sich sehr bzw. haben die gleichen Beschreibungen, weswegen nicht alle zitiert werden:
حَدَّثَنَا سَعِيدُ بْنُ مُحَمَّدٍ، حَدَّثَنَا يَعْقُوبُ، حَدَّثَنَا أَبِي، عَنْ صَالِحٍ، عَنِ الأَعْرَجِ، قَالَ قَالَ أَبُو هُرَيْرَةَ ـ رضى الله عنه ـ قَالَ رَسُولُ اللَّهِ صلى الله عليه وسلم ‏ "‏ لاَ تَقُومُ السَّاعَةُ حَتَّى تُقَاتِلُوا التُّرْكَ صِغَارَ الأَعْيُنِ، حُمْرَ الْوُجُوهِ، ذُلْفَ الأُنُوفِ، كَأَنَّ وُجُوهَهُمُ الْمَجَانُّ الْمُطَرَّقَةُ، وَلاَ تَقُومُ السَّاعَةُ حَتَّى تُقَاتِلُوا قَوْمًا نِعَالُهُمُ الشَّعَرُ ‏"‏‏.‏
Berichtet von Abu Huraira:
Allahs Gesandter (ﷺ) sagte: „Die Stunde wird nicht eintreffen, bis ihr die Türken bekämpft; Leute mit kleinen Augen, roten Gesichtern und flachen Nasen. Ihre Gesichter werden wie Schilde aussehen, die mit Leder bedeckt sind. Die Stunde wird nicht eintreffen, bis ihr Leute bekämpft, deren Schuhe aus Haaren bestehen.“
(Sahih al-Bukhari, Band 4, Buch 52, Hadith 179)
حَدَّثَنَا قُتَيْبَةُ بْنُ سَعِيدٍ، حَدَّثَنَا يَعْقُوبُ، - يَعْنِي ابْنَ عَبْدِ الرَّحْمَنِ - عَنْ سُهَيْلٍ، عَنْ أَبِيهِ، عَنْ أَبِي هُرَيْرَةَ، أَنَّ رَسُولَ اللَّهِ صلى الله عليه وسلم قَالَ ‏ "‏ لاَ تَقُومُ السَّاعَةُ حَتَّى يُقَاتِلَ الْمُسْلِمُونَ التُّرْكَ قَوْمًا وُجُوهُهُمْ كَالْمَجَانِّ الْمُطْرَقَةِ يَلْبَسُونَ الشَّعَرَ وَيَمْشُونَ فِي الشَّعَرِ ‏"‏ ‏.‏
Abu Huraira berichtete, dass Allahs Gesandter (ﷺ) sagte:
„Die letzte Stunde wird nicht eintreffen, bis die Muslime mit den Türken kämpfen - ein Volk, deren Gesichter wie gehämmerte Schilde sein werden, die Kleider aus Haaren tragen und (mit Schuhen) aus Haaren laufen.“
(Sahih Muslim, Buch 54, Hadith 79)
Antwort
Es handelt sich hierbei nicht um eine beleidigende Beschreibung, sondern um eine Beschreibung, um die Türken anhand ihres Aussehens zu erkennen, d.h. um eine Prophezeiung, da die Muslime tatsächlich gegen die Türken gekämpft haben.
Jedoch sollten wir erst einmal verstehen, wer mit den Türken hier gemeint ist. Denn der Hadith handelt nicht von Türken, die in Anatolien leben, da es ohnehin damals keine Türken in Anatolien gab. Vielmehr ist hierbei die Rede von einer Gruppe der Turkvölker, was anhand des arabischen Wortlauts klar ist. Das „ihr“ im Hadith bezieht sich nicht auf die Araber, sondern auf Muslime allgemein.
Die Armee, die mit den Muslimen gekämpft hat, war die der Mongolen, die von Genghis Khan geführt wurde.
Die Mongolen unter Genghis Khan waren ein Turkvolk, welches in der heutigen Mongolei gelebt hat. Gengiz Khan bedeutet „Großer Khan (d.h. Anführer)“.
Sein eigentlicher Name war „temujin“, was „Schmied“ (temir ist in der Turksprache Eisen, jin ist Schmied) bedeutet. Mongolen war der Name des Turkvolkes, genauso wie das Wort „tatar“ (ein anderer Turkstamm, welchen Temujin eroberte) einer ist. Die heutigen Mongolen sind keine Nachfahren des Genghiz. Sie werden Mongolen genannt, weil sie die heutige Mongolei bewohnen. Das heutige Land „Mongolei“ wurde nach den Mongolen aus dem 12. Jahrhundert benannt. Die heutige Mehrheit der Mongolen, die „khalka“, sind tungusische/chinese Menschen, die sowohl die Kultur der Turkonomaden übernehmen, als auch der Glaube an den Kok Tanri/Tengri/Tanra/Tenger. Einige Historiker glauben, dass die Khalka die Nachfahren der Jalaichiren sind.
Der Prophet Muhammad () sagte, dass Muslime die Leute bekämpfen werden, über die er sagte, dass sie unter den Türken sein würden, welche kleine Augen haben und er verglich ihre Augen mit den Augen der Heuschrecken, welche sehr kleine Augen haben. Um dieses Merkmal hervorzuheben, hat der Prophet () die Tatsache überbetont, dass ihre Augen klein sind. Er verglich ihre Gesichter mit den Schilden, weil ihre Gesichter flach und rund wie die der Schilde sind. Die Aussage, dass ihre Gesichter mit Leder bedeckt sind, ist eine Aussage, um die Tatsache zu betonen, dass ihre Gesichter fleischig und dicht sind. Ihre Nasen wurden auch als breit und rot beschrieben. Zudem finden wir in den Hadithen, dass sie Haare in Form von Kleidern tragen werden und ihre Schuhe aus Haaren bestehen würden - das Haar war das Leder des Biber. Sie pflegten es, ihre haarigen Leder auf ihre Köpfe und Füße zu legen.

Ein altes Bild von Genghis Khan, Gründer des mongolischen Reichs

Ein altes Bild eines mongolischen Kriegers, welcher Schuhe trägt, die aus Haaren bestehen.

Potrait der mongolischen Armee

Ein mongolischer Krieger

Ein Bild des Herrschers Tomor Olziit Khaan, einer der Könige der Mongolen

Ein Bild des Herrschers Kublai Khan mit rotem Gesicht, wie es im Hadith erwähnt wird

Ein mongolisches Kind

Addendum:
Zusätzlich möchten wir betonen, dass es zu diesen Überlieferungen Meinungsverschiedenheiten gibt. Manche meinen zum Beispiel, dass die Hadithe über ein noch zu treffendes Ereignis bzgl. den Gog und Magog sprechen. Die Meinung (Bezug auf den stattgefundenen Mongoleneinfall), die wir oben dargelegt haben, scheint am Schlüssigsten zu sein, jedoch weiß Allah dies am besten.
Eine Karte zum Verbreitungsgebiet der Turkvolker:

Schauen wir uns noch folgende Überlieferung an:
حَدَّثَنَا عِيسَى بْنُ مُحَمَّدٍ الرَّمْلِيُّ، حَدَّثَنَا ضَمْرَةُ، عَنِ السَّيْبَانِيِّ، عَنْ أَبِي سُكَيْنَةَ، - رَجُلٍ مِنَ الْمُحَرَّرِينَ - عَنْ رَجُلٍ، مِنْ أَصْحَابِ النَّبِيِّ صلى الله عليه وسلم عَنِ النَّبِيِّ صلى الله عليه وسلم أَنَّهُ قَالَ ‏ "‏ دَعُوا الْحَبَشَةَ مَا وَدَعُوكُمْ وَاتْرُكُوا التُّرْكَ مَا تَرَكُوكُمْ ‏"‏ ‏.‏
Berichtet von Abi Sukainah, einer der Gefährten:
Der Prophet (ﷺ) sagte: „Lasst die Abessinier alleine, solange sie euch alleine lassen und lasst die Türken alleine, solange sie euch alleine lassen.“
(Sunan Abi Dawud, Buch 38, Hadith 4288; von al-Albani als hasan eingestuft)

Diese Überlieferung ist wichtig, weil einige Missionare durch die „Türken-Hadithe“ behaupten, der Prophet () rufe zum Kampf und zur Vernichtung gegen jeden Türken auf, da sonst die Stunde nicht eintreffen würde. Wir sehen hier jedoch, dass der Prophet gebietet, dass man friedlich mit ihnen zusammen leben soll, es sei denn, sie werden zu Aggressoren und greifen an.

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