Werden Frauen in einem Hadith als Teufel bezeichnet?



Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen!
Danke an: www.icraa.org
Waqar Akbar Cheema, übertragen ins Deutsche durch Khalid abdul-Musawwir
Auszug
Die Fehlinterpretation der Hadithe unseres Propheten – Friede sei auf ihm – ist in unserer heutigen Gesellschaft sehr gewöhnlich, vor allem dann, wenn viele Leute, die diese Hadithe kritisieren, der arabischen Sprache nicht mächtig sind. Tatsächlich sprechen einige von ihnen diese Sprache nicht einmal oder verstehen bloß einige Wörter! Wenn der Zustand wie erwähnt vorliegt, schauen sich viele die Übersetzung an, um einen kleinen Teil des Islam zu verstehen, aber sie schauen durch falsche Augen und kommen zu Schlussfolgerungen, auf die nur Leute kommen würden, die der arabischen Sprache nicht vertraut sind. Einer dieser Hadithe, welcher angeblich Frauen als „Teufel“ bezeichnet, wird in diesem Artikel untersucht. Wir werden uns den Wortlaut des Hadithes anschauen und was die Gelehrten über den Gebrauch des Wortes gesagt haben, was das Wort in anderen Hadithen bedeutet und letztendlich werden wir hinsichtlich dieses Themas zu einer Schlussfolgerung kommen.  
1. Einführung
Einige Kritiker des Islam zitieren einen Hadith aus Sahīh Muslim und behaupten, dass der Islam Frauen als Teufel ansieht. Dies ist fürwahr falsch. Lasst uns ihre Argumente untersuchen und in einer passenden Art antworten.
Der Hadith, den sie benutzen, sagt:
عن جابر، أن رسول الله صلى الله عليه وسلم رأى امرأة، فأتى امرأته زينب، وهي تمعس منيئة لها، فقضى حاجته، ثم خرج إلى أصحابه، فقال: «إن المرأة تقبل في صورة شيطان، وتدبر في صورة شيطان، فإذا أبصر أحدكم امرأة فليأت أهله، فإن ذلك يرد ما في نفسه»
Jabir berichtete, dass Allahs Gesandter – Friede sei auf ihm – eine Frau sah, dann zu seiner Ehefrau Zainab kam, welche Leder gerbte, und seine Begierde erfüllte. Dann ging er zu seinen Gefährten hinaus und sagte: „Eine Frau kommt in der Erscheinung als Teufel und geht in der Erscheinung eines Teufels. Wenn einer von euch eine Frau sieht, so lasst ihn zu seiner Ehefrau gehen, denn das wird abstoßen, was er in seinem Herzen fühlt.“[1]
2. Kontext der Überlieferung
Es ist unerlässlich, jede Anweisung im Lichte genereller islamischer Lehren zu verstehen, die sich auf das Thema beziehen.
Der Islam beschränkt eine Person auf den Partner. Jeglicher Weg, Lust auf eine andere Art zu begehren, ist verboten; und aus demselben Grund befiehlt der Islam sowohl Mann, als auch Frau, bescheiden zu sein - selbst beim Anblick - um jeglichen Ärger zu vermeiden.
Ebenso verlangt der Islam von beiden - Ehemann und Ehefrau - gegenseitige Treue und der natürlichen Schwäche sowohl gegenseitigen Schutz als auch gegenseitige Geborgenheit anzubieten. Der Qur’an ist bezüglich dieser Hinsicht sehr klar:
هُنَّ لِبَاسٌ لَكُمْ وَأَنْتُمْ لِبَاسٌ لَهُنَّ
Sie sind euch ein Kleid, und ihr seid ihnen ein Kleid.[2]
Der Qur’an benutzt hier für Ehepartner das Wort لِبَاسٌ (libaas/Kleid). Der klassische muslimische Gelehrte al-Asfahani (gest. 502 n.H.) sagt:
وجعل اللّباس لكلّ ما يغطّي من الإنسان عن قبيح، فجعل الزّوج لزوجه لباسا من حيث إنه يمنعها ويصدّها عن تعاطي قبيح
Alles, das eine Person daran hindert, bösartig zu handeln, wird „Kleid“ genannt. Eine Person wird für seinen Partner Kleid genannt, da beide die Lage des anderen verdecken und den anderen davon abhalten, bösartig zu handeln.[3]
Offensichtlich ist das Einnehmen eines Gedanken über die Ehefrau einer anderen Person oder jeglichen fremden Mannes eine böse Tat. In dieser Hinsicht ist eine Ehefrau ein Kleid für ihren Ehemann, denn sie hilft ihm dabei, solche Gedanken los zu werden, die sich womöglich in sein Herz festsetzen können.
3. Der Gebrauch des Wortes „Teufel“
Verständlicherweise werden viele Menschen hinterfragen, wieso hier das Wort „Teufel“ verwendet wurde. Während die Frage verständlich ist, verursacht sie nicht wirklich irgendeine Verwirrung, wenn man sich dem Gebrauch des Wortes in der arabischen Sprache bewusst ist.
At-Tabari (gest. 310 n.H.) schreibt:
والشيطان، في كلام العرب: كل متمرِّد من الجن والإنس والدوابِّ وكل شيء
Teufel (shaitan) in der Sprache der Araber ist jeder Rebell von den Jinn, der Menschheit, den Tieren und von allem.[4]
In diesem Hadith wird es für eine Frau benutzt, die in einer unkeuschen Art aus ihrer Wohnung kommt und danach Ausschau hält, in welchem Mann sie Emotionen erregen kann.
Die Tatsache, dass dieses Wort nur für eine Frau verwendet wird, die aus ihrer Wohnung in einer unkeuschen Art kommt, ist anhand der anschließenden Überlieferung in der Sammlung des Imam Muslim klar. Der Wortlaut darin lautet:
إذا أحدكم أعجبته المرأة، فوقعت في قلبه،
„Wenn einem von euch eine Frau gefällt und sich ihr angezogen fühlt…“[5]
Es bezieht sich auf die Faszination, die nur dann möglich ist, wenn eine Frau in einer Art hinauskommt, die einer keuschen Frau nicht entspricht, indem sie den islamischen Anweisungen hinsichtlich der Kleidung ihre ganze Missachtung zeigt.
An-Nawawi (gest. 676 n.H.) kommentiert in seinem monumentalen Werk Sahīh Muslim:
معناه الإشارة إلى الهوى والدعاء إلى الفتنة بها لما جعله الله تعالى في نفوس الرجال من الميل إلى النساء والالتذاذ بنظرهن وما يتعلق بهن فهي شبيهة بالشيطان في دعائه إلى الشر بوسوسته وتزيينه له
Es ist ein Bezug auf die Versuchung und Attraktion ihr gegenüber aufgrund der natürlichen Zuneigung, die Männer Frauen gegenüber haben oder aufgrund der Faszination ihres Anblickes und was sich auf sie (sonst noch) bezieht. Und es liegt eine Ähnlichkeit des Teufels vor, da böse Gedanken und Verehrung [einer fremden Frau] eingeladen werden.[6]
Das Wesentliche ist, dass eine Frau durch ihre Handlung, in einer unkeuschen Art hinauszukommen, Böses ermöglicht - so sehr, dass sie metaphorisch betrachtet als „Teufel“ bezeichnet wird.
Fakt ist, dass im selben Sinn das Wort „Teufel“ ebenso in einigen anderen Hadithen verwendet wird. Dies wird dabei helfen, die metaphorische Art des Gebrauchs zu verstehen. Ein Hadith erwähnt:
عن عبد الله بن عمرو، أن رسول الله صلى الله عليه وسلم قال: «الراكب شيطان، والراكبان شيطانان، والثلاثة ركب»
Der Gesandte Allahs – Friede sei auf ihm – sagte: „Ein einzelner Reiter ist ein shaitan (Teufel) und ein Paar von Reitern ist ein Paar von shayateen, aber drei Reiter sind eine Truppe an Reiter.“[7]
Dieser Hadith bietet den Schlüssel für das Verständnis des Gebrauchs des Wortes „Teufel“ – ein und zwei Reiter werden als Teufel bezeichnet, da sie das Böse anstacheln, indem sie so reisen. Man sollte dies 1.400 Jahre in der Wildnis Arabiens bedenken. Ein oder zwei Reiter wären gewiss jeglicher bösen Sache (z.B. Verlust des Lebens und/oder des Besitzes) mehr ausgesetzt. Tatsächlich stellt ein anderer Hadith dies klar:
عن أبي هريرة قال: قال رسول الله – صلى الله عليه وسلم -: الشيطان يهم بالواحد والاثنين فإذا كانوا ثلاثة لم يهم بهم
Abu Huraira berichtete, dass der Gesandte Allahs sagte: „Der Teufel schadet einem oder zwei, aber wenn sie zu dritt sind, werden sie nicht geschädigt.“[8]
Alles kann einer jeglichen Anzahl an Personen passieren, aber wenn ein oder zwei Personen in einem ähnlichen Ort reisen, wie es in Arabien vor 1.400 Jahren war, dann stacheln sie das Böse offensichtlich auf; und lediglich aus diesem Grund werden sie metaphorisch betrachtet Teufel genannt.
Der Hadith, der in diesem Artikel ausdiskutiert wird, nennt Frauen, die in einer Art erscheinen, in der sie Männer faszinieren können, lediglich Teufel in diesem Sinn!
4. Der Hadith degradiert nicht die Frauen
Wie bereits erklärt, degradiert der Hadith in keiner Hinsicht Frauen, genauso wie die Reiter nicht verurteilt werden; er verurteilt lediglich eine gewisse Art des Verhaltens, welche im Islam nicht vorgesehen wird.
5. Die im Hadith beschriebene Lösung ist rational
Hinsichtlich der Lösung, die im Hadith über das Problem angegeben wird, undzwar dass wenn man eine Frau dieser Art sieht, von ihr fasziniert wird und auf besondere Art Emotionen erregt; was wäre denn besser als die vorgeschlagene Behebung?
Wenn der Mann in einer Situation seiner natürlichen Schwäche nachgibt - wieso sollte er dann nicht bei seiner Ehefrau Zuflucht suchen - seinem eigenen Kleid, welches ihn beschützt und seine Schwäche beseitigt?
Die andere „Lösung“ wird nur zu einem Chaos, nicht nur für die Familie an sich, sondern auch für die Gesellschaft im Ganzen. Was in den Gesellschaften, die sich lediglich der westlichen Kultur hingeben, geschieht, bezeugt lediglich die Schönheit dessen, was im Islam vorgeschrieben ist.
6. Der Islam ehrt Frauen wie es keine andere Religion oder kein anderes System tut
Es gibt unzählige Stellen in Qur’an und Sunnah, die zitiert werden können, um der Behauptung entgegenzutreten, dass der Islam Frauen erniedrigt. Im Islam sind Männer den Frauen gleichgestellt. Der Prophet – Friede sei auf ihm – sagte:
إنما النساء شقائق الرجال
Frauen sind wahrlich die Zwillingshälften der Männer.[9]
Dies erklärend, sagte al-Khattabi (gest. 388 n.H.):
أي نظائرهم وأمثالهم في الخلق والطباع فكأنهن شققن من الرجال

Frauen sind in Anbetracht natürlicher Veranlagungen ähnlich; als wenn sie voneinander gespalten wurden.[10]
An anderer Stelle sagte der Prophet – Friede sei auf ihm:
عن عبد الله بن عمرو، أن رسول الله صلى الله عليه وسلم، قال: «الدنيا متاع، وخير متاع الدنيا المرأة الصالحة»
‘Abdullah b. Amr berichtete, dass Allahs Gesandter – Friede sei auf ihm – sagte: „Die ganze Erde ist eine Versorgung und der beste Nutzen auf der Erde ist die fromme Frau.“[11]
Solche Passagen lassen keinen Zweifel hinsichtlich der Stellung der Frau im Islam zu.
7. Metaphorische Verwendung des Wortes Teufel/Satan durch Jesus
Wir lesen über Jesus:
Er aber wandte sich um und sprach zu Petrus: Geh weg von mir, Satan! Du bist mir ein Ärgernis; denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.[12]
Warum wurde Petrus durch Jesus als „Satan“ bezeichnet? Die Frage kann auf zwei Arten beantwortet werden:
·      Jesus sah Petrus tatsächlich als Teufel an.
·      Es bezieht sich auf den Plan, nach Jerusalem zu gehen – was, gemäß dem Neuen Testament, aus der Sicht von Jesus zwingend erforderlich war und mit dem Plan Gottes übereinstimmte – er wurde also auf metaphorische Art so bezeichnet.
Wenn die erste der beiden obigen Optionen nicht der Fall war, dann sollte man nicht zur Schlussfolgerung kommen, wenn man sich den Hadith durchliest.
Jesus hat laut Bibel gesagt:
Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge? Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen! – und siehe, ein Balken ist in deinem Auge? Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; danach kannst du sehen und den Splitter aus deines Bruders Auge ziehen.[13]
8. Zusammenfassung und Schlussfolgerung
Der Hadith bezeichnet - auf metaphorischer Ebene - eine Frau, die auf eine unangemessene Weise auftritt, als Teufel. Die Verurteilung bezieht sich auf die Handlung und nicht auf die Person. Im Arabischen ist so ein Gebrauch gängig und es gibt außerdem Beispiele dieser Art in anderen Überlieferungen. Laut Bibel verwendete Jesus dieses Wort für einen seiner Jünger im selben Sinn. Aus diesem Grund ist es falsch, diesen Hadith als Herabwürdigung der Frauen anzusehen. Tatsächlich sieht der  Islam Frauen als Zwillingshälften der Männer an und respektiert und ehrt sie wie es keine andere Religion oder kein anderes System tut.

Referenzen:
[1] Muslim bin Hajjaj, as–Sahih, Übersetzt von Nasiruddin al-Khattab (Riyadh: Maktabat Dar-us-Salam, 2007) Hadith 3407 (9-1403)
[2] Qur’an 2:187
[3]
al-Asbahani, Ragheb, al-Mufradat fi Gharib al-Qur’an, (Damascus: Dar al-Qalam, 1992) 734-735
[4] at-Tabari, Ibn Jarir, Jami’ al-Bayan fi Ta‘wil al-Qur’an, (Beirut: ar-Resalah Publications, 2000) Band 1, 111
[5] Muslim bin Hajjaj, as-Sahih, Hadith 3409 (10-1403)
[6] an-Nawawi, Yahya bin Sharaf, Sharh ‘ala Muslim, (Beirut: Dar Ihya at-Turath al-‘Arabi, 1392 n.H.) Band 5, 178
[7] as-Sajistani, Abu Dawud, as-Sunan, Übersetzt von Yaser Qadhi und Nasiruddin al-Khattab (Riyadh: Maktabat Dar-us-Salam, 2008) Hadith 2607; von al-Albani als hasan klassifiziert
[8] al-Hindi, ‘Ali al-Muttaqi, Kanz al-‘Ummal, (Beirut: ar-Resalah Publications, 1981) Hadith 17156
[9] as-Sajistani, Abu Dawud, as-Sunan, Hadith 236, von al-Albani als hasan klassifiziert
[10] al-Khattabi, Abu Suleman, Mu’alim as-Sunan, (Halab: Matba’ al-‘Ilmiyyah, 1932) Band 1, 79
[11] Muslim bin Hajjaj, as-Sahih, Hadith 3649 (64-1469)
[12] Matthäus 16:23
[13] Matthäus 7:3-5

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