Hadith: Möchte Allah, dass die Menschen sündigen? Eine Klarstellung eines wichtigen Hadithes!



Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen!
Danke an: www.call-to-monotheism.com
„Jeder Mensch begeht Fehler, und der Beste unter jenen, die Fehler begehen, ist derjenige, der bereut!“ (Hadith bei al-Tirmidhi, 2499)
Vorwurf
In der Hadithliteratur lesen wir folgende Aussage, die dem Propheten Muhammad zugeschrieben wird:
Abu Ayyub Ansari berichtete, dass der Gesandte Allahs, Allahs Segen und Friede auf ihm, sagte: „Bei dem, in dessen Händen meine Seele ist, wenn ihr nicht sündigen würdet, so würde Allah euch durch ein anderes Volk ersetzen, das sündigt und Allah um Vergebung bittet, und Allah würde ihm vergeben.“ (Sahih Muslim, 2749)
Kritiker meinen, dass in diesem Hadith steht, dass Allah möchte, dass wir sündigen. Sie behaupten, dass Allah das Begehen unserer Sünden braucht, um eine komplette Gottheit zu sein. Somit behaupten sie, dass der Gott der Muslime unmoralisch und mangelhaft ist, weil Er will, dass Menschen Sünden begehen, da Seine Existenz auf das Begehen der Sünden der Menschen beruhe, sodass man nur dadurch Seine Barmherzigkeit wahrnehmen kann und Er so zur vollständigen Gottheit wird. 
Widerlegung
Eine Art und Weise, islamische Schriften zu interpretieren, ist, Kritik mit absichtlich schlechter Intention auszuüben. In diesem Kontext ist es bekannt, dass die Kritiker einen Hadith nehmen, ihn in den Raum werfen und hierbei all die anderen Hadithe, die zum Verständnis des von ihnen ausgewählten Hadithes hilfreich ist, zu ignorieren. Ebenso klammern sie in diesem Kontext an diesen Hadith negative Bedeutungen, um den Islam in ein schlechtes Bild zu rücken. Dies haben die Kritiker bei diesem Hadith getan.
Die andere Art und Weise, islamische Schriften zu interpretieren, ist, dass man aufgeschlossen ist, die Schrift gründlich analysiert und sich auf jeden Fall den Kontext im Lichte anderer Verse und Ahadith anschaut. Und dass man wirklich danach trachtet, etwas zu lernen und auch diese Intention in sich trägt - zu lernen, was die beabsichtigte Botschaft hinter einem Hadith oder einem Qur’anvers steckt.
Dies ist der Weg, den wir stets in diesem Blog einschlagen werden, wenn es auf die Analyse und dem Verständnis einiger Hadithe geht. Lasst uns doch einmal schauen, wie einige hoch angesehene islamische Gelehrte diesen Hadith verstanden und interpretiert haben.
Shaykh Saalih Al-Fawzaan sagte:
Der Hadith weist auf zwei großartige Punkte hin:
Zuerst der erste Punkt: Allah, der Allmächtige, ist der Vergebende und liebt es, Sünden zu vergeben, der Verdecker der Sünden und Er liebt es, die Sünden zu verbergen.
Zweitens – der zweite Punkt: Dies ist eine frohe Botschaft dafür, dass die Reue angenommen wird und die Sünden jenen verborgen bleiben, die nach der Reue trachten und diese sollten nicht an der Gnade Allahs zweifeln und sollten nicht weiterhin darauf beharren, ihre Sünden zu begehen. Sondern diese sollten bei Allah, dem Allmächtigen, Buße tun und darum bitten, dass die Sünden verborgen bleiben, weil Allah ihnen die Tore der Vergebung und Geheimhaltung ihrer Sünden weit geöffnet hat. Dies ist die Bedeutung des Hadithes.
(...) Und die Bedeutung des Hadithes ist nicht, dass Allah es liebt, dass Seine Diener Übertretungen und Sünden begehen, denn Allah, der Allmächtige, mag den kufr nicht und ist damit nicht zufrieden und liebt keine Sünden, jedoch liebt Er jene Seiner Diener, die nach Seiner Reue trachten, wenn sie Übertretungen und Sünden begehen. Dies ist due Bedeutung dieses Hadithes. (Quelle)
At-Touribushti (gest. 661 n. H.) sagte:
Dieser Hadith ist nicht gekommen, um Lässigkeit jenen zu bieten, die Sünden aufnehmen und deren Effekte auf die Seelen unterschätzen und (der Hadith ist auch nicht dafür gekommen, um) zu rechtfertigen, dass es an Sorge des Begehens der Sünden fehlt, so wie es bei denen ist, die an den Glauben an Allah vernachlässigen. Die Propheten – Friede mit ihnen – wurden gesandt, um die Leute davon abzuhalten, sich dem Begehen der Sünden hinzugeben und sich nicht in diese hineinzwingen. Vielmehr hat der Hadith den Nutzen, um klarzustellen, dass Allah willig ist, den Sündern zu vergeben und über ihre Sünden hinwegzusehen, sodass ihre Begierde für das Zeigen der Reue ansteigt. Die beabsichtigte Bedeutung dieses Hadithes ist, dass Allah, genauso wie Er denen gutes tun, die gutes tun, die Sünden des Sünders (in diesem Fall) nicht beachtet. Und dies ist ein Manifest in Seinen Namen: Al-Ghaffaar, Al-Haleem, At-Tawaab, Al-'Afuw. Er wollte nicht Seine Diener in einem Zustand erschaffen, so wie Seine Engel, die auf eine Weise ausgestattet sind, dass sie keiner Sünde neigen können. Vielmehr hat Er von Seiner Schöpfung jene (d.h. Menschen) erschaffen, die eine Wesensart besitzen, die der Begierden zugeneigt und in diesen gefangen sind. (zitiert von Al-Mubaarakfuri in seinem Kommentar Mir'aat al-Mafaateeh Sharh Mishkaat al-Masaabeeh)
Ibn Malik sagte:
Dies ist keine Ermutigung für Leute, Sünden zu begehen, vielmehr wurde dieser (Hadith) überliefert, um den Gefährten (des Propheten) Erleichterung und Entspannung zu bringen und die extreme Angst, die sie hatten, zu beseitigen. Denn die Angst drang in sie so ein, dass einige von ihnen zu den Berggipfeln zur Anbetung flohen, während andere sich von den Frauen zurückzogen. Einige vermieden sogar den Schlaf. Und dieser Hadith macht uns auf die hoffnungsvolle Vergebung Allahs aufmerksam.
Es ist klar, dass alles, was Allahs Kenntnis vorausgeht, tatsächlich existiert, da es in Allahs Kenntnis vorausgeht, dass Allah dem Sünder vergeben wird. Selbst wenn Allah also bestimmt hätte, dass es eine sündenlose Person gibt, würde Er immer noch jene erschaffen, die gegen Ihn sündigen und ihnen vergeben. (zitiert von Muhammad bin 'Alaan As-Siddiqui in Daleel al-Faaliheen li-Turuq Riyadh us-Saaliheen, Band 4, S. 59-60)
Zayn ud-deen Abdur Raouf Al-Munaawi (gest. 1031 n. H.) sagte:
(wenn ihr nicht sündigen würdet, so würde Allah euch durch ein anderes Volk ersetzen, das sündigt): diese würden um Reue bitten. (und Allah würde ihm vergeben.): manchmal liegt ein Nutzen darin, wenn ein Diener Sünden begeht. Unter diesen Nutzen ist Demütigung des Sünders und das Eingeständnis seiner Defizite und das Ablegen der Selbstbewunderung. (Zayn ud-deen Abdur Raouf Al-Munaawi, at-Tayseer bi-Sharh al-Jaami' as-Sagheer. Siehe auch sein Faydul Qadeer Sharh al-Jaami' as-Sagheer, hadith Nr. 7418)
Sheikh Sulaiman bin Abdullah Al-Majed sagte:
Das bedeutet, dass eines der Weisheiten Allahs, die Menschheit zu erschaffen, mit ihrer Prüfung zu tun hat. Allah sagte: „(Er,) Der den Tod erschaffen hat und das Leben, auf daß Er euch prüfe, wer von euch die besseren Taten verrichte; und Er ist der Erhabene, der Allvergebende,“ (76:2) und dies ist der Grund, wieso Allah in sie natürliche Neigungen hinsichtlich weltlicher Wünsche einträufelte. Er schuf sie ebenso mit Defizienzen wie Achtlosigkeit, Vergessenheit, Egoismus und Neid, was verursachende Faktoren sind, die zum Begehen der Sünde führen. Hätten sie keine Sünde begangen, dann wären sie wie Engel, die auf eine Weise ausgestattet wurden, sodass sie nur reine Anbetung anbieten. Dies steht im Widerspruch zur Weisheit Allahs, die Menschheit zu erschaffen, undzwar dass sie Prüfungen ausgesetzt sind und wäre dies der Fall (dass sie überhaupt keine Sünden begehen), so hätte Er sie mit anderen ersetzt, um die zuvor erwähnte Weisheit zu erreichen und wiederherzustellen. Die höchste Absicht hinter dieser Aussage (des Hadithes) ist, klarzustellen und bekannt zu geben, dass der Mensch Defizienzen in seiner Wesensart besitzt und dass Allah Seinen Dienern  Barmherzigkeit zeigt. Und dieser Mensch soll nicht das Begehen der Sünden zum Grund dafür machen, Gott zu verlassen, sondern eher die Alternative wählen, die Buße zu erstreben, sodass er erfolgreich in der Prüfung ist, die vom Göttlichen festgelegt wurde; indem man Allah Dienstbarkeit zeigt durch Anbetung, wie zum Beispiel das Streben nach Reue. Dies weist auf den gesunden Glauben des Sünders hin, da er Furcht, Liebe, Reue und Hoffnung in der Barmherzigkeit Allahs zeigt. Das ist das, was Allah liebt und mit dem Er von Seinen Dienern zufrieden ist, was zur Vergebung Allahs seiner begangenen Sünden zur Folge hat. Zusammenfassend: die beabsichtigte Bedeutung (d.h. des Hadithes) ist die Neigung zur Reue und dass man nicht an der Barmherzigkeit Allahs verzweifeln soll.  (Quelle)
Schlussfolgerung
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Intention im Kern des Hadithes und dessen Nutzen es ist, dass Allah barmherzig ist und dass Sünder nicht an Allahs Barmherzigkeit verzweifeln sollen. Gleichzeitig hat Allah einen Göttlichen Plan hinsichtlich der Erlösung der Menschheit, die Er weilen lässt. Er mag es nicht, dass wir Menschen wie die Engel geschaffen sind, die auf eine Art und Weise erschaffen und ausgezeichnet wurden, sodass sie keinen freien Willen haben und auch keine Sünden begehen können. Ganz im Gegenteil: Menschliche Wesen wurden mit der Neigung, Sünden zu begehen, erschaffen, da sie den freien Willen haben, dies zu tun. Trotzdem betont und versichert Allah, dass Er im vollsten Bewusstsein dessen ist, dass wir nicht dazu fähig sind, perfekt zu sein und dass dies ebenso niemals in Allahs göttlichem Plan vom Anbeginn der Zeit gewesen ist. Wenn wir es wären, dann würde dies dem Plan Allahs widersprechen und dies ist etwas unmögliches, das passieren kann. Zur selben Zeit bringt unsere Art und Weise der Schöpfung, also dass wir wissen, dass wir nicht perfekt sind und Sünde begehen,  dazu, dass wir realisieren, dass wir Mängel haben und nicht perfekt sind. Dies bringt uns wiederum dazu, dass wir demütig und rechtschaffen sind und dass es keinen Grund dafür gibt, hochmütig zu sein und sich selbst zu bewundern. Wenn Allah also sagt „so würde Allah euch durch ein anderes Volk ersetzen, das sündigt“, betont Er, dass es Sein Wille und Sein göttlicher Plan ist, dass wir den freien Willen haben und der Sünde anfällig sind. Dies ist lediglich eine Angelegenheit der Betonung. Es ist so, wie wenn man sagt: „Selbst wenn ich meinen Freund hasse, würde ich ihn immer noch respektieren.“
Dies unterstreicht zum Beispiel die Wichtigkeit des Respekts, den man gegenüber dem Freund hat. Dies hat keinerlei die Bedeutung, dass man tatsächlich den Freund hassen würde. Ebenso zeigt Allah nirgendwo, dass Er damit zufrieden ist, dass Menschen Sünden begehen. Vielmehr liegt Seine Betonung darin, dass Er dies in Seinem göttlichen Plan so geschaffen hat, sodass wir der Sünde anfällig sind und nicht wie die Engel, da wir nicht so ausgestattet wurden. Somit sollten wir nicht das falsche Gefühl haben, dass wir von der Barmherzigkeit Allahs fern bleiben. Dies ist das korrekte Verständnis des Hadithes.
Bezüglich des Arguments, dass Allah auf irgendeine Art und Weise von uns abhängig ist, um uns Seine Barmherzigkeit zu demonstrieren, so ist dies Unsinn, da die Existenz einer Eigenschaft Allahs niemals von etwas anderem abhängt. Dann wäre eben diese Eigenschaft uns verborgen, wie auch andere Eigenschaften uns verborgen sind, weil wir diese nicht ganz verstehen und erfassen können.
Am Ende möchte ich noch einmal sagen, dass der Hadith in meinen Augen total Sinn ergibt, da diese Welt nunmal aufgrund eines Tests erschaffen wurde. Würden wir Menschen nicht sündigen, so hätte dieser Test gar keinen Sinn und somit hätte auch  unser Verbleib auf dieser Welt keinen Sinn. Denn wieso sollten wir auf der Erde sein, wenn wir keine Sünden begehen und somit nicht testbar sind? Wir hätten dann hier nichts zu suchen und Allah würde statt uns andere Geschöpfe setzen, die der Sünde anfällig sind und dadurch getestet werden können. Allah erwartet von uns nicht, dass wir sündenlos und perfekt sind, da wir dazu nicht fähig sind, sondern dass wir Gott um Reue und Gnade bitten, wenn wir Sünden begangen haben. Er möchte also, dass wir uns so gut wie möglich von den Sünden fern halten und beim Begehen der Sünde offenkundige Reue zeigen, da Allah nur die Sünde von denjenigen verzeiht, die Reue zeigen und um Vergebung bitten. Der Hadith besagt Letzen Endes, dass die Wesensart des Menschen so ist, dass er mindestens eine Sünde im Leben begehen wird und man beim Begehen der Sünde Reue zeigen soll.
Wir sollten uns an diesen Hadith erinnern:
„Jeder Mensch begeht Fehler, und der Beste unter jenen, die Fehler begehen, ist derjenige, der bereut!“ (Hadith bei al-Tirmidhi, 2499)

Wahrlich, Allah weiß es am Besten!

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