Mythos: Qur'anische Verse, die von einer Ziege gegessen wurden
Im
Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen!
Danke an: www.letmeturnthetables.com
Vorwort
Christliche
Missionare verwenden einen Bericht aus Sunan Ibn Majah und wollen damit zeigen,
dass einige Verse des Qur’an verloren gegangen sind, da sie von einer Ziege
gegessen wurden. Lasst uns den Bericht analysieren und versuchen, die Wahrheit
zu finden.
Die
Überlieferung[1] lautet
wie folgt:
عن عائشة قالت لقد نزلت آية الرجم ورضاعة الكبير عشرا ولقد كان في صحيفة تحت سريري فلما مات رسول الله صلى الله عليه وسلم وتشاغلنا بموته دخل داجن فأكلها
Aisha
berichtete: „Die Verse von der Steinigung und des zehnmaligen Stillens eines
Erwachsenen wurden offenbart und diese befanden sich (niedergeschrieben) auf
einem Blatt Papier unter meinem Kissen. Als der Gesandte Allahs starb und wir
mit seinem Tod beschäftigt waren, kam eine Ziege hinein und aß das Blatt auf.“ (Sunan Ibn
Majah, Hadith 1944)
1 – Die Authentizität der Überlieferung
Wann immer uns
eine Überlieferung vorliegt, müssen wir zunächst untersuchen, ob sie
authentisch ist oder nicht. Die Überlieferung hat
tatsächlich einige Probleme.
Die
vorliegende Überlieferungskette, die in Sunan Ibn Majah vorliegt, beinhaltet
einen der Überlieferer namens Muhammad bin Ishaq. Dieser überliefert dies mit
dem Wort عن ('an), was eine mehrdeutige Überlieferung
aufzeigt und dieses Wort unterstreicht,
dass die Überlieferung schwach ist,
wenn diese von einem Überlieferer stammt, welcher gewöhnlich Tadlis (Praktik
der scharfsinnigen Überspringung gewisser Kettenüberlieferer) praktiziert.
Und Muhammad
Ibn Ishaq ist wirklich so ein Überlieferer.
Somit ist
klar, dass durch die partikulare Kettenüberlieferung in Sunan Ibn Majah die
Überlieferung schwach und unauthentisch
ist, da der oben geschilderte Defekt vorliegt.
Zudem liegen
bei der Überlieferung weitere Ungereimtheiten vor, die in den nachfolgenden
Zeilen näher erläutert werden.
Dies wurde
durch Shaykh Muhammad Taqi Usmani in Takmala Fath Al-Mulhim 1/69 pub. Darul
Ahya Al-Turath Al-Arabi in Beirut näher erläutert.
In Musnad
Ahmad wird die selbe Überlieferung durch die selbe Kette angegeben, jedoch mit
einer expliziten Überlieferung, d.h. sie beinhaltet nicht den Defekt wie in der
Überlieferung in Ibn Majahs Hadithsammlung. Aber die Überlieferung ist
weiterhin der Kritik ausgesetzt, weil viele andere Überlieferer mittels Aisha (möge
Allah mit ihr zufrieden sein) über das Stillen erwähnt haben, aber keiner hat
die Worte überliefert, die in dieser Kette gefunden wurden, obwohl die
Überlieferer in diesen Fällen vertrauenswürdiger und widerspruchsloser sind als
Muhammad bin Ishaq.
Und wegen der
Tatsache, dass diese Worte einzig und allein von ihm und im Trotz zu anderen
glaubwürdigeren Überlieferern erzählt wurden, haben Gelehrte die Authentizität
der Überlieferung in Frage gestellt.
Shaykh Shu’aib
Arnaud hat sie als Da’if
(schwach) klassifiziert – in seiner Klassifikation des Musnad Ahmad. Siehe
Musnad Ahmad 6/269 Hadith 26359.
2 – Die Überlieferung hinterfragt in keinster
Weise die qur’anische Unfehlbarkeit
Auch wenn die
Überlieferung authentisch wäre, würde sie niemals der Tatsache schaden, dass
der Qur’an perfekt aufbewahrt wurde und hier sind meine Beweise dafür:
1 – Eines der zwei angeblich verloren
gegangenen Verse (laut der Überlieferung) war über die Steinigung, d.h. die
Bestrafung der verheirateten Ehebrecher. Aber andere Überlieferungen beweisen,
dass ein Gesetz über die Steinigung offenbart wurde, jedoch der edle Prophet (s) es nicht erlaubte, dass dies als Teil des Qur’an
niedergeschrieben wird. Dies impliziert, dass die Offenbarung
über die Steinigung nicht als qur’anischer Textbestandteil gedacht war.
Folgende Überlieferungen bestätigen dies:
a - Es ist von Kathir bin Salt überliefert worden, dass
Zaid (b. Thabit) sagte: Ich hörte den Propheten Allahs sagen: „Wenn ein verheirateter Mann oder eine verheiratete Frau
Ehebruch begehen, so steinigt beide (zu Tode).“ Als Amr dies
hörte, fragte er:
„Als dies herabgesandt wurde, kam ich zum Propheten und
fragte ihn, ob ich es niederschreiben durfte, jedoch
mochte er (der Prophet) es nicht.“ [Mustadrak ‘alā as-Sahihāyn
von Imam al-Hakīm, Hadith 8184. Hakim nannte diesen Hadith Sahih, al-Dhahbi
stimmte ihm zu]
b - Über diesen Vers im Hadith sagte Kathir bin Salt:
Zaid ibn Thabit und Marwan ibn Hakām diskutierten, wieso es nicht
in dem qur’anischen Manuskript aufgeschrieben wurde. Umar ibn
al-Khattāb (radiallahu ‘anh) war mit anwesend gewesen und hörte ihrer
Diskussion zu. Dann sagte Umar ibn al-Khattab, dass er dies besser weiß als sie
und er fügte die folgenden Worte hinzu, das er einmal zum Propheten kam und sagte:
„O Gesandter Allahs! Lass die Verse
über die Steinigung niederschreiben - für mich.“ Der Prophet
sagte dann: „Ich kann dies nicht tun“.
[Sunan al-Kubra Baihaqi 8/211 & Sunan Al-Kubra Nasai Hadith 7148. Albani
(on Sahiha 6/412) sagte, Baihiqi wies auf dessen Authentizität hin]
Wenn der
Steinigungsvers also wirklich Bestandteil des Qur’an sein sollte, wieso würde der Prophet Muhammad (s) ihn nicht aufschreiben lassen und wer
könnte ihn davon abhalten?
2- Der zweite
angeblich verloren gegangene Vers war über das Zehnmalige Stillen eines
Erwachsenen. In diesem Fall haben wir auch andere Überlieferungen, die
kategorisch besagen, dass der Vers abrogiert wurde. Interessanterweise
werden die beiden Überlieferungen einzig und allein durch Aisha (möge Allah mit
ihr zufrieden sein) berichtet.
In Sahih Muslim
lesen wir:
عَنْ عَائِشَةَ أَنَّهَا قَالَتْ كَانَ فِيمَا أُنْزِلَ مِنْ الْقُرْآنِ عَشْرُ رَضَعَاتٍ مَعْلُومَاتٍ يُحَرِّمْنَ ثُمَّ نُسِخْنَ بِخَمْسٍ مَعْلُومَاتٍ فَتُوُفِّيَ رَسُولُ اللَّهِ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ وَهُنَّ فِيمَا يُقْرَأُ مِنْ الْقُرْآنِ
Aisha (möge
Allah mit ihr zufrieden sein) berichtete, dass es im Qur’an offenbart wurde,
dass das zehnmalige klare Stillen (eines Erwachsenen mittels seiner Ehefrau)
die Ehe ungültig macht, dann wurde dies
abrogiert (und ersetzt)
durch das fünfmalige Stillen ... (Sahih Muslim, Hadith 2634)
Die
Überlieferung sagt explizit aus, dass der Vers über das Zehnmalige Saugen abrogiert
wurde. Mehr Informationen dazu findet ihr in dem Artikel Angeblich Verloren gegangener Vers über die Stillung: Eine Lüge wird
aufgedeckt.
Somit haben
wir festgestellt, dass keiner der Verse als Teil des qur’anischen Textes gedacht waren.
Auch wenn wir die Überlieferung, die in Frage gestellt wird, akzeptieren,
können wir dazu sagen, dass Aisha (möge Allah mit ihr zufrieden sein) vermutlich
diese bei sich als eine historische Aufzeichnung
aufbewahrte und nichts weiter.
Auch wenn die
Ziege diese Verse also aufaß, so ist kein Teil des Qur’an verloren gegangen.
Darüber hinaus
lebte Aisha (möge Allah mit ihr zufrieden sein) ihr ganzes Leben lang während
der Offenbarung und vor Allem während der Zusammenstellung des Qur’an, d.h. sie
lebte während der Zeit Abu Bakrs (d) und Uthmans
(d), während sie
zweifellos als eine hohe Autorität an sich angesehen wurde. Falls sie also Zweifel daran hätte, dass einige Verse fehlen, würde sie
dies zur Aufmerksamkeit anderer Gefährten des
Propheten bringen. Zudem haben wir Beweise darüber, dass Uthman (d) persönlich
dabei bemüht ist, Aisha (möge Allah mit ihr zufrieden sein) und ihre
Aufzeichnungen oft zu Rate zu ziehen, um die offizielle Zusammenstellung zu
bestätigen.
Siehe Ibn
Shabba’s Tarikh Al-Madina p.997.
Abgesehen von
alledem hat sie niemals diese Angelegenheit in die Öffentlichkeit gebracht, was
allgemein zeigt, dass kein Teil des Qur’an verloren gegangen ist, auch wenn der
Bericht als glaubwürdig angenommen werden sollte.
Und Allah weiß
es am Besten!
[1]
Sämtliche Berichte in diesem Artikel wurden von mir vom Englischen ins Deutsche
übersetzt. Für die originalen englischen Übersetzungen, siehe http://www.letmeturnthetables.com/2010/10/myth-quran-verses-eat-goat.html
masha'Allah akhi, baraka Allahu fik.
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Dein Bruder harun von KalimaTV