Qur'an 5:32, Sanhedrin - ein Plagiat?



Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen!
Danke an: www.discover-the-truth.com
Vorwort
Neben der Behauptung, dass dieser Qur’anvers nicht mehr für Muslime bindend / gültig ist[1], machen sich die Islamfeinde lustig über diesen Vers, indem sie meinen, dieser sei vom jüdischen Talmud abgeschrieben. Somit kommen von ihnen diverse Behauptungen diesbezüglich, wie zum Beispiel: „Wenn der Qur’an-Schreiber dies vom Talmud abgeschrieben hat und dann noch erwähnt, Allah habe dies offenbart, dann ist ja laut Qur’an der komplette Talmud von Allah, wobei sie nur eine Interpretation der Rabbiner ist.“ Dabei meinen die Islamfeinde, dass der Qur’an hierbei einen gewaltigen Fehler gemacht hat, indem er die Worte der Rabbiner als Gottes Wort ansieht. Zudem machen sich die Islamfeinde lustig über diesen Vers, indem sie Dinge aussagen wie zum Beispiel „Der friedlichste Qur’anvers ist aus dem Talmud.“
Talmud und Qur’an – der Vergleich
Lasst uns doch einmal schauen, was der Qur’an angeblich Wort für Wort abgeschrieben haben soll. Hier der Abschnitt aus dem babylonischen Talmud.
Sanhedrin 37a
Aus diesem Grunde wurde der Mensch einzig erschaffen, um zu lehren, dass, wenn jemand eine israelische Seele vernichtet, es ihm die Schrift anrechnet, als hätte er eine ganze Welt vernichtet, und wenn jemand eine israelitische Seele erhält, es ihm die Schrift anrechnet, als hätte er eine ganze Welt erhalten.
-The Babylonian Talmud, Übersetzt von Michael L. Rodkinson – Book 8: Section Jurisprudence (Damages), [Bostin, The Talmud Society, 1918] – Tract Sanhedrin, S. 1747 https://www.jewishvirtuallibrary.org/jsource/Judaism/FullTalmud.pdf
Und hier eine Passage aus der Mishnah:
Sanhedrin 4:5
Der Mensch wurde deshalb einzig erschaffen, um dich zu lehren, dass, wenn jemand eine israelitische Seele vernichtet, es ihm die Schrift anrechnet, als hätte er eine ganze Welt vernichtet, und wenn jemand eine israelitische Seele erhält, es ihm die Schrift anrechnet, als hätte er eine ganze Welt erhalten. (...)
-The Mishnah, Übersetzt aus dem Hebräischen mit Einführung und kurzen Erläuterungen, [Oxford University Press, 1933], von Herbert Danby, D.D., S. 388
Und nur was der Qur’an aussagt:
Qur’an 5:32
Deshalb haben Wir den Kindern Israels verordnet, dass, wenn jemand einen Menschen tötet, ohne dass dieser einen Mord begangen hätte, oder ohne dass ein Unheil im Lande geschehen wäre, es so sein soll, als hätte er die ganze Menschheit getötet; und wenn jemand einem Menschen das Leben erhält, es so sein soll, als hätte er der ganzen Menschheit das Leben erhalten. Und Unsere Gesandten kamen mit deutlichen Zeichen zu ihnen; dennoch, selbst danach begingen viele von ihnen Ausschreitungen im Land.
Wir sehen zwischen diesen Texten eindeutig, dass der Talmud und die Mishnah – beide einen hohen Wert auf die Seele der Kinder Israels legen, wohingegen der edle Qur’an vom Menschen allgemein spricht. Die jüdischen Texte sagen aus, dass der Mord an einen Israeliten (Juden) gleichgestellt ist mit dem Mord an der gesamten Menschheit, wohingegen im Kontrast hierzu der Qur’an aussagt, dass diese Regelung für jede Art von Mensch gilt – egal ob Muslim oder Nicht-Muslim.
Die Botschaft zwischen Qur’an und Talmud/Mishnah ist also komplett anders!
Was sagen jüdische Gelehrte?
Jacob Neusner (ein angesehener jüdischer Gelehrte) sagt in seinem Kommentar zu Sanhedrin 4:5, dass beim Ausdruck „Israel(itisch)“ immer eine jüdische Seele gemeint ist. [2]
„Wir; Israel“ umfasst viele „Ich-Formen“ – das sind: individueller Jude (oder Juden, eine eher weniger gebräuchliche Verwendung). Wenn der Autor der Mishnah sich wünscht, zu einem individuellen Juden zu referieren, spricht er nicht unerwartet von „Israel“, gemeint einen Israeliten; des Öfteren, im Kontext, bedeutet das „kein Heide“, einer von „uns“ im Allgemeinen. Sobald wir „Israel“ als den Namen der Gruppe lesen, wird uns die Wichtigkeit der weitergehenden Bedeutung dieses Namens bewusst. (...)“
-The Body of Faith: Israel and the Church, [Trinity Press International; Valley Forge, Pennsylvania, 1996] Von Jacob Neusner, S. 37
Somit sehen wir, dass jene, die behaupten, der Qur’anvers 32 der 5. Surah habe mit diesen jüdischen Schriften inhaltlich die selbe Botschaft, lügen. Der Qur’an spricht von Mord an beliebigen Menschenseelen, wobei die Passage aus dem Talmud nur die jüdische Seele beachtet.
Der berühmte Rabbi Samuel Edels (1555-1631), bekannt für seine Kommentare zum Talmud, sagte dies über Sanhedrin 37a:
„Eine Seele Israels bedeutet ausschließlich ein Israelite, der alleine durch Jakob den göttliches Abbild beibehielt, in der Adam erschaffen wurde. Aber andere Nationen haben dieses Abbild nicht, sondern sind wie die anderen Kreaturen. Wer also auch immer eine Seele von ihnen vernichtet, zerstört nicht die wiederhergestellte Welt etc.“
- The Pentateuch According to the Talmud: Genesis: with a Talmudical Commentary, [London: Samuel Bagster And Sons, 15, Paternoster Row. 1883], Teil 1, Paul Isaac Hershon, S. 173
Ähnlich wie Rabbi Noson Gurarys Kommentar zu Sanhedrin 37a:
„In einer ähnlichen Bedeutung sehen wir, dass die Seele einer jüdischen Person als die ganze Welt betrachtet wird, bis zu dem Grad, dass wir manchmal vorfinden, dass die Seele einer Person wichtiger als eine ganze Gruppe von Menschen ist.“
-Chasidism: Its Development, Theology, and Practice, von Rabbi Noson Gurary, S. 146
Andere Rabbiner wie Shne’ur Zalman und Rabbi Israel Meir Cohen akzeptierten, dass Sanhedrin 37a allein über die jüdische Seele spricht und nicht über die gesamte Menschheit, so wie es im edlen Qur’an der Fall ist.
Rabbi Efraim Shmueli sagt:
“…die meisten Versionen der Mishnah beinhalteten die Version: „wenn jemand eine israelische Seele erhält.“ Es ist unwichtig zu sagen, dass die Übernahme der einen oder anderen Version wichtige legale Übernahmen hat: führt das Retten der Seele eines Heiden dazu, dass der Sabbat geschändet wird? Diese Frage wurde in der rabbinischen Kultur ausdiskutiert, wodurch sich Meinungen gebildet haben, die generell ungünstig ausfielen, manchmal geradezu streng den Heiden gegenüber waren, wie zum Beispiel die Worte des Rabbi Samuel Eliezer Edels (1555 – 1631), dessen berühmtester Kommentar: Hidushei Halachot, den meisten Editionen des Talmuds einhergeht. Im Kommentar zu San 37a: „Dies beabsichtigt, zu lehren, dass jeglicher Mann, der eine Seele Israels rettet – und damit ist spezifisch „eine Seele“ Israels gemeint, in Singularform – das dies das Ebenbild Gottes ist, der singuläre Eine dieser Welt, und Jakobs Form (d.h. Israel) ist Sein Abbild… aber Kuttim [d.h. Heiden] haben nicht die Form des Menschen, sondern nur die Form anderer Kreaturen und wer auch immer den Verlust der Seele unter ihnen bringt, verliert nicht die Welt. Und wer auch immer die Seele unter ihnen errettet, fügt der Welt weder etwas hinzu, noch verringert er etwas.
Rabbi Shne’ur Zalman des Ladi, Autor des Tania, und Rabbi Israel Meir Cohen des Radun, den Hafetz Haim (Mishnah berurah, Orah Haim, 30. 8. Tel Aviv. Pardes. 1955) hat ebenso diese Mishnah in seiner anti-Heiden-Version akzeptiert.” (Seven Jewish Cultures: A Reinterpretation of Jewish History and Thought von Efraim Shmueli, S. 261
Jedoch widerspricht Efraim Shmueli den frühesten  Rabbinern in Bezug auf Sanhedrin 37a. Hier erwähne ich etwas, was ich zuvor nicht erwähnt habe: Einige Versionen für 4:5 und Sanhedrin 37a lassen „Israel“ aus. Jedoch tauchen die Worte „Israel“ in den frühesten und autoritärsten Schriften auf. Es ist nur in modernen Editionen, die das Wort „Israel“ auslassen.
Behauptung: Muhammad schrieb von einem friedlichen Talmud Manuskript ab?
Wie oben schon angedeutet, existieren in einigen späteren Versionen die Worte „Israel“ nicht. Aus diesem Grund meinen Islamkritiker, dass der Qur’an hier von Versionen abgeschrieben hat, die diese Worte nicht beinhalten.
Hierzu gibt es von ihrer Seite aus keinerlei Beweise, sondern sie können lediglich nur spekulieren. Es gibt keinen Beweis dafür, dass eine Kopie des Talmud zur Zeit des Propheten Muhammad existiert hat.
Was wir jedoch wissen, ist, dass die Versionen, die diese Worte auslassen, ältere sind und dass die meisten Versionen die Worte beinhalten. Zudem haben wir gesehen, dass der Vergleich aus dem Talmud sich auf israelische Seelen beschränkt, auch wenn die jeweilige Talmudausgabe diese Worte weggelassen hat.
Ob nun der Qur’an in 5:32 auch nur muslimische Seelen meint, muss man getrennt untersuchen. Dies haben wir hier bereits getan:
KOMMT NOCH
Behauptung: Muhammad dachte, dass dieses Prinzip in der Thora vorkommt? Muhammad weiß nicht, dass der Talmud nur rabbinische Kommentare beinhaltet?
Zum anderen behaupten die Islamkritiker, dass es möglich sein kann, dass der Prophet Muhammad diese Worte aus dem Talmud „abgeschrieben“ hat, weil er ihn mit der Thora verwechselte. Das heißt er hat angeblich nicht gewusst oder verstanden, dass der Talmud lediglich rabbinische Kommentare beinhaltet und dachte, dass Juden daran glauben, dass er Gottes Wort beinhaltet.
Oder sie behaupten, dass Muhammad nicht wusste, woher diese Aussage kommt, er das lediglich von den Juden gehört hat und davon ausging, dass dies eine Offenbarung gewesen ist.
Auch das ist nur reine Spekulation.
Zuerst muss gesagt werden, dass der Qur’an sagt, dass Allah diesen Befehl offenbart hat. Das ist unabhängig davon, ob das bei den Juden in ihrer Thora heute auftaucht oder nicht. Der Qur’an ist das unverfälschte Wort Allahs und wenn Allah im Qur’an Bescheid gibt, dass Er etwas zuvor offenbart hat, dann ist es so.
Wir Muslime glauben, dass die Juden die Thora verfälscht haben. D.h. die 5 Bücher Mose d.h. das Alte Testament (die Bibel, die die Juden heute haben) haben aus muslimischer Sicht nichts mit der wahren Thora zu tun, die der Prophet Moses damals empfangen hat, da Allahs Bücher allein vom Aufbau her so sind, dass in ihnen nur Gott spricht, was bei der Thora heutzutage nicht der Fall ist, da sie geschichtlich aufgebaut ist. Es kann sein, dass die Thora, die die Juden heute in der Hand haben, einige Wahrheiten noch beinhaltet, jedoch wissen wir, dass viel an Wahrheit verschwunden ist, was auch den Vers, den der Qur’an erwähnt, beinhalten kann. Zudem wissen wir, dass zudem viele falschen Lehren ihr hinzugefügt wurden.
Das heißt, dass es sein kann, dass der Vers zwar nicht in der Thora der heutigen Juden vorkommt, aber trotzdem im Talmud.  Das merkt man auch anhand der Schreibart des Verses: (...) dass, wenn jemand eine israelitische Seele vernichtet, es ihm die Schrift anrechnet, als hätte er eine ganze Welt vernichtet, (...)
Zum anderen muss erwähnt werden, dass es falsch ist, wenn man sagt, dass der Talmud aus jüdischer Sicht nicht das Wort Gottes ist. Der Talmud besteht aus Gemarah und Mishnah.
Zusätzlich zu den inspirierten aufgeschriebenen hebräischen Schriften (Altes Testament), hat das Judentum eine „mündliche Thora“, welche erklärt, was die Schriften bedeuten, wie man sie zu interpretieren hat und wie man die Gesetze anwenden muss. Orthodoxe Juden glauben, dass Gott Seine mündliche Offenbarung Moses beibrachte und auch anderen. Diese Überlieferungsform gab es nur in mündlicher Form bis zum 2. Jh. v. Chr., als die mündliche Offenbarung zusammengestellt und niedergeschrieben wurde, was wir heute Mishnah nennen. In den nächsten Jahrhunderten wurden Kommentare in Jerusalem und Babylon verfasst, die die Mishnah näher erläutern. Diese zusätzlichen Kommentare sind als Gemara bekannt. Gemara und Mishnah bilden gemeinsam den Talmud.
Zudem wissen wir, dass der Teil aus Sanhedrin – wo dieser Vers auftaucht – zur Mishnah gehört, also zur mündlichen Offenbarung der Thora, die Moses von Gott auferlegt bekam.
Zusammenfassung
Wir haben gesehen, dass Sanhedrin 4:5 und Sanhedrin 37a sich nur auf jüdische bzw. israelische Menschenseelen beschränkt, wohingegen der Qur’an vom Menschen als Individuum spricht.   
Hernach haben wir uns angeschaut, ob Muhammad eventuell von einem „friedlichen“ Manuskript  abgeschrieben hat, in der die Worte vernachlässigt werden.
In diesem Kontext haben wir auch die Frage beantwortet, ob Muhammad den Talmud mit der Thora verwechselt hat.
Wahrlich, Allah weiß es am Besten!




[2] Alle Texte der jüdischen Gelehrten habe ich aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt. Die originalen Quellen findet ihr hier: https://discover-the-truth.com/2016/04/18/surah-532-sanhedrin-talmud-plagiarism/

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