Musa schlägt Azraels Auge raus



Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen!
Vorwurf
Abu Huraira, Allahs Wohlgefallen auf ihm, berichtete:
Der Gesandte Allahs, Allahs Segen und Heil auf ihm, sagte: „Der Todesengel wurde zu Musa (Moses), Allahs Heil auf ihm, geschickt. Als er zu ihm kam, verpasste dieser (Musa) ihm einen kräftigen Hieb und zerstörte dabei eines seiner Augen. Der Engel kehrte zu seinem Herrn zurück und sagte: „Du hast mich zu einem Deiner Diener gesandt, aber er will nicht sterben!“ Da gab Allah dem Engel sein Auge zurück und sagte: „Geh zurück zu ihm und sag ihm, er möge seine Hand auf den Rücken eines Stieres legen, und für jedes Haar, das seine Hand bedeckt, soll er noch ein Jahr zu leben haben!“ Als er (Musa) das hörte, sagte er: „O Allah! Und was soll dann geschehen?“ Der Engel erwiderte: „Dann wirst du sterben!“ Da rief er aus: „Oh, dann möchte ich lieber jetzt sterben!“ Er bat Allah, ihn an einen Ort zu bringen, der einen Steinwurf vom geheiligten Land entfernt war. Danach sagte der Gesandte Allahs, Allahs Segen und Heil auf ihm: „Wären wir dort, dann würde ich euch sein Grab zeigen! Es ist neben der Straße unter der roten Sanddüne!““
                                                                                               -[Sahih Muslim Nr. 4374 (im arabischen)]

oder auch:

Der Todesengel kam zu Moses und sagte ihm: "Antworte auf den Ruf deines Herrgottes!" Darauf schlug der Prophet Moses auf das Auge des Todesengels und schlug es heraus. Der Todesengel ging zurück zu Gott und sagte: "Du hast mich zu solch einem Gottesknecht geschickt, der den Tod nicht will und mir ein Auge ausschlug."  ...........................................-Sahih Muslim, Nr. 2372
Dieser Hadith wird von Hadithleugnern verleumdet, da
·      Musa (a) hier einem Engel, also einem Gesandten Allahs, keinen Gehorsam leistete und sich dementsprechend Allahs (u) Befehl widersetzte; dies passt nicht zu einem Propheten,
·      Musa (a) laut diesem Hadith Angst vor dem Tod hat – der Hadith stellt Musa (a) so dar, wie wenn er ewiges Leben will und er eine große Liebe zu weltlichen Dingen hat,
·      es unlogisch ist, einem Engel wie dem Todesengel (a) ein Auge rauszuschlagen – vor Allem deswegen, weil Engel aus Licht erschaffen wurden,
·      der Todesengel (a) hier keine Vergeltung einfordert,
·      Musa (a) so etwas niemals tun würde, vor allem nicht einem Engel!
Dieser Hadith soll angeblich Abu Huraira (d) als Lügner darstellen.
Antwort
(1) Widersetzte sich Musa dem Befehl Allahs?
Die Antwort hierzu ist ein klares nein! Musa (a) kann hier keinem Befehl Allahs (u) entgegentreten, da Allah (u) zu Musa (a) den Todesengel (a) nicht sandte, um seine Seele zu nehmen. Es geht hier lediglich um eine Prüfung. So befahl Allah (u) auch Ibrahim (a), seinen Sohn zu opfern, jedoch war dies nie der Fall.
(a) – Allah (u) sandte den Todesengel, um Musa (a) zu prüfen. Die Prüfung bestand darin, für was er sich entscheiden wird – für das irdische Leben (indem er entscheidet, weiterhin auf der Erde zu verweilen) oder für das jenseitige (durch den natürlichen Tod)
(b) – Ähnlich war dies bei Ibrahim (a) der Fall. Allah (u) befahl ihm, seinen Sohn Ismail (a) zu opfern. Allahs (u) Absicht war es jedoch nicht, dass er seinen Sohn Ismael Allah opfern soll sondern ob Ibrahim (a) gehorsam gegenüber Allah (u) ist.
So sandte Allah (u) den Todesengel (a), um Musa (a) zu testen und nicht seine Seele abzuberufen: wird er sich für diese Welt oder für das Jenseits entscheiden?
Wir wiederholen: Als der Todesengel (a) zu Musa (a) kam, war es nicht seine Absicht, Musas (a) Leben zu nehmen, sondern ihn mit der Entscheidung zu konfrontieren. Als jedoch Musa (a) ihn schlug, dachte der Todesengel (a), dass dies eine Ablehnung des Todes ist.
Wäre der Todesengel gekommen, um Musas (a) Leben zu nehmen, so wäre seine Absicht unmittelbar in die Tat umgesetzt. Der Todesengel (a) hätte es sofort gemacht, eine Ohrfeige hätte nichts ändern können um Allahs (u) Befehl außer Kraft zu setzen, Musas (a) Leben zu nehmen. Denn die Seele kommt automatisch aus dem Körper des Menschen, wenn diese seine letzte Stunde erreicht hat. 
Ein weiterer Punkt ist, dass jeder Prophet vor seinem Tod die Entscheidung darüber gegeben wird, ob er noch auf dieser Welt weiterhin verweilen oder sterben will. Dies zeigt, dass Musa (a) nicht gegen den Qadr, den Allah (u) bestimmt, gekämpft hat. Erst beim zweiten Kommen des Todesengels wurde die Entscheidung dem Propheten Musa (a) vorgelegt.
(2) Ist Musas Reaktion verständlich?
In Ahmad ibn Hanbal und at-Tabarani finden wir den Hadith, dass „der Engel des Todes zu den Menschen in einer sichtbaren Form kam. Als dieser zu Musa kam, zerstörte er eines seiner Augen.“
Musas (a)  Reaktion ist vollkommen natürlich. Denn der Todesengel (a) kam in der Gestalt eines Menschen in Musas (a) Haus und er erkannte nicht, dass dies der Engel des Todes ist. Würde der Todesengel (a) in seiner wahren Gestalt kommen, so hätte Musa (a) niemals die Möglichkeit gehabt, ihm sein Auge rauszuschlagen. Somit hat Musa (a) hier sich selbst verteidigt, weil er sich in Gefahr sah. Genauso ist es auch bei uns, wenn ein Dieb in unserer Wohnung ist: Wir versuchen als erstes aus unserer natürlichen Veranlagung heraus den Dieb „auszuschalten“, da wir aus ihm heraus eine Gefahr für uns selbst sehen.
Wer die Geschichten der Propheten im Qur’an kennt, der weiß, dass Engel den Propheten und Menschen in einer Menschengestalt erschienen. Dies ist so, da Menschen die wahre Gestalt der Engel nicht ertragen können. Der Prophet Muhammad (s) wollte einmal den Erzengel Jibril (a) in seiner wahren Form sehen. Jibril (a) tat dies und der Prophet Muhammad (s) fiel in Ohnmacht, denn Jibril (a) war so groß, dass er die Sonne mit nur einem Flügel überdeckte. Engel sind in ihrer wahren Form gigantisch.
Ansonsten sind sie ohne triftigen Grund Menschen nicht sichtbar.
In eines dieser beiden Formen (wahre oder menschliche Gestalt) könnte der Todesengel (a) sich dem Propheten Musa (a) gezeigt haben. Da Musa (a) nicht in Ohnmacht fiel und mit ihm auf der gleichen Augenhöhe war, da er ihm eine Ohrfeige geben konnte, war der Todesengel (a) also in der Gestalt eines Menschen. Somit wurde die Behauptung „Musa kann den Todesengel nicht schlagen, da Engel aus Licht sind!“ geklärt.
Man könnte sich die Frage stellen: Wieso nähert sich der Todesengel Musa (a)  in einer Menschenform, wenn er doch weiß, dass Musa (a) ihn nicht erkennen wird? Hat der Todesengel vergessen, wie die Gesetze der Sharia sind?[1]  Die Antwort auf diese Fragen ist ganz einfach: Die Fragen wurden falsch gestellt! Denn generell führen die Engel nur die Befehle Allahs (u) aus und haben weder einen freien Willen, noch eine freie Entscheidungsmöglichkeit, sie führen Befehle direkt aus. Wenn Allah (u) dem Todesengel befiehlt, dass er zu Musa (a) in der Gestalt eines Menschen auftreten soll, dann tut er dies, ohne zu hinterfragen, weil dies nicht in der Natur eines Engels liegt und Allah (u) alles am besten weiß.
Musa (a) dachte sich, dass der Engel, den er logischerweise als Menschen erkannte, ein Eindringling ist und gab ihm eine starke Ohrfeige (vor Schreck). Denn er erkannte ihn nicht. Später erst, als der Engel ein zweites mal wieder kam, erkannte er ihn erst als Engel.
Hier sind weitere Beweise dazu, dass dies eine natürliche Reaktion gewesen ist:
(a) – Ibrahim (a) hat auch die Engel nicht erkannt, die ihm vor seinem Haus erschienen. Denn er bat ihnen Essen an, bevor sich die Engel überhaupt vorstellten. Dies zeigt, dass diese Engel als Menschen erschienen (die er nicht kannte). Andernfalls, wenn sie in ihrer wirklichen Gestalt Ibrahim erschienen wären, er ihnen kein Essen angeboten hätte, da Engel logischerweise nichts essen!
Ebenfalls würde Lut (a) keine Angst haben, dass sein Volk den beiden Engeln etwas antun würden, wenn er gewusst hätte, dass sie Engel sind.
(b) - Auch erschien der Jungfrau Maryam der Engel in Menschengestalt. Maryam wusste nicht, dass dieser Mensch ein Engel gewesen ist, da sie andernfalls keine Zuflucht bei Allah (u) gesucht hätte, als der Engel ihr erschien. Sie sah einen Mann vor sich und da sie eine gottesfürchtige Frau war, und ihre Keuschheit strengstens bewahrt hatte, suchte sie die Zuflucht bei Allah (u). Wenn das der Engel in wirklicher Gestalt wäre, dann hätte Maria keine Zuflucht bei Allah (u) gesucht, da sie das logischerweise bei einem Engel nicht braucht.
(c) - Zwei Männer traten vor Davud (a) auf, damit er über sie richte. Diese zwei Männer waren Engel gewesen. Und auch hier wurde Davud (a) geprüft. Auch hier wusste er nicht, dass diese zwei Männer in Wirklichkeit Engel gewesen sind.
All diese Begebenheiten finden wir im Qur’an und diese kennt so Gut wie jeder.
(d) - Der Erzengel Gabriel (a) erschien dem Propheten  Muhammad (s) in Menschengestalt, um ihm nach dem Iman zu befragen. Der Prophet hat den Engel in dem Moment nicht erkannt. Er sagte: ,,Nach dieser Begegnung habe ich den Engel (als Mensch) nun überall erkannt."[2] Nachdem dies alles nun Klar und Deutlich ist, stellt sich die Rationale Frage: wieso soll dann Musa (a) den Engel in diesem Hadis erkannt haben?
(3) Hatte Musa also nun Angst vor dem Tod oder nicht?
Der Hadith zeigt nicht, dass Musa (a) Angst vor dem Tod hatte, da Musa (a) sich am Schluss den Tod wünscht und so die Prüfung besteht. Jemand, der Angst vor dem Tod hat, würde den Tod sich nie wünschen. Doch Musa (a) hat am Schluss den Tod gewählt. Dies war die Prüfung.
Aus diesem Hadith lernen wir, dass Engel in Menschengestalt erscheinen können. Außerdem lernen wir, dass Propheten nicht an dieser Welt hängen. Sie wissen, dass das echte Leben das Leben im Jenseits ist, auch wenn der Tod schmerzvoll ist. Denn letztendlich muss man ihn irgendwann kosten. Etwas verschieben, das schmerzvoll ist, macht die Angelegenheit nicht weniger schmerzvoll. Dies führt eher dazu, dass man in Angst und Furcht lebt.
(4) Inwieweit bestehen Verweise zum Qur’an?
Auch schon im Qur’an wird beschrieben, dass Musa (a) allgemein ein sehr starker und kräftiger Prophet gewesen ist:
Qur’an 28:15
Und er betrat die Stadt um eine Zeit, da ihre Bewohner in einem Zustand der Unachtsamkeit waren; und er fand da zwei Männer, die miteinander kämpften. Der eine war von seiner eigenen Partei und der andere von seinen Feinden. Jener, der von seiner Partei war, rief ihn zu Hilfe gegen den, der von seinen Feinden war. So schlug Moses ihn zurück; doch es führte zu seinem Tod. Er sagte: "Das ist ein Werk Satans; er ist ein Feind, ein offenbarer Verführer."
In einigen Hadithen finden wir diese Eigenschaft der Stärke Musas (a) auch:
Kapitel: Die monatliche Regel
181. Abu Huraira, Allahs Wohlgefallen auf ihm, berichtete: Der Gesandte Allahs, Allahs Segen und Heil auf ihm, sagte: Wenn die Kinder Israels sich wuschen, zogen sie sich nackt aus und betrachteten einander. Moses (Musa) aber pflegte sich allein zu waschen. Die Leute sagten: Bei Allah! Was hält Moses nur davon ab, mit uns Zusammen zu baden? Bestimmt hat er ein körperliches Gebrechen! Eines Tages entfernte sich Moses wieder, um ein Bad zu nehmen. Er legte sein Kleid auf einen Stein. Da lief der Stein plötzlich mit dem Kleid. Moses rannte hinter ihm her und rief: Mein Kleid, o Stein! Mein Kleid, o Stein! So hatten die Kinder Israels Gelegenheit, ihn nackt zu sehen. Sie sagten: Bei Allah, Moses hat kein körperliches Gebrechen! Schließlich stoppte der Stein, bis Moses geschaut wurde. Da nahm dieser sein Kleid und begann, auf den Stein einzuschlagen. Abu Huraira ergänzte weiter: Bei Allah! Der Stein hat wirklich sechs oder sieben Kerben von diesen Schlägen![Sahih Muslim Nr. 513 (im arabischen)]

Der weitere Punkt hat etwas mit der Scharia zu tun:
Es ist gemäß Scharia erlaubt, das Auge einer anderen Person zu entnehmen, welcher ohne Einwilligung das Haus des Eigentümers ausspannt.[3] Dies beantwortet auch die Frage „Bekommt der Todesengel keine Vergeltung, da sein Auge rausgehauen wurde?“ Es soll hierbei auch beachtet werden, dass Engel keinen Schmerz empfinden.
(5) Eine andere Erklärungsmöglichkeit
Eine weitere Erklärungsmöglichkeit der Leute des Wissens lautet wie folgt: Musa (a) schlug den Todesengel (a), weil er zu ihm kam, um seine Seele zu nehmen, bevor er ihm die Möglichkeit gab, um über das Weiterleben oder Sterben zu unterscheiden, denn es ist etabliert, dass das Leben eines jeden Propheten nicht genommen wird, bevor er eine Wahl zwischen beiden bekommt.
Als ich das anfangs hörte, dachte ich mir: Wenn aber Musa (a) sowieso sterben wollte (das erfahren wir ja am Ende des Hadithes), wieso schlägt er dann den Engel? Dann sollte es doch für Musa (a) egal sein ob er eine Entscheidung über Weiterleben oder Sterben bekommt oder nicht?
Dann habe ich weitergedacht und mir fiel ein, dass diese Antwortmöglichkeit gültig ist, falls es zum Zeichen eines Propheten gehört.
Diese Antwortmöglichkeit gilt natürlich, wenn er Engel des Todes anfangs wirklich Musas (a) Seele holen wollte.
Wir sehen also, dass einerseits der Fakt, dass einem Propheten die Entscheidung über das Weiterleben oder Sterben, entweder erklärt, dass Musa (a) den Engel des Todes (a) geschlagen hat oder dass der Engel des Todes (a) gar nicht seine Seele nehmen wollte. Denn hätte er seine Seele holen wollen, so würde er gleich über diese Entscheidung Musa (a) befragen. Jedoch hätte Musa (a) keine Chance, „dem Tod zu entkommen“, falls der Engel des Todes Musas (a) Leben hinwegnehmen wollte, außer Allah (u) hat es so geplant, dass der Engel des Todes (a) seine Seele nicht wegnehmen kann und wollte dadurch Musa (a) prüfen, ob er denn richtig reagiert und den Engel des Todes (a) zurechtweist, da ihm keine Entscheidung gegeben wurde. 




[1] Denn laut Sharia wird der unerlaubte Aufenthalt eines Haus bestraft.
[2] Ein unwissender mag jetzt einwenden, ohne genau darüber nachgedacht zu haben: Wieso hat dann Musa den Todesengel nicht als Menschen erkannt, wenn Muhammad nach der ersten Begegnung mit dem Erzengel Gabriel in seiner Menschengestalt ihn immer erkannt hat? Ganz einfach: Weil der Erzengel Gabriel dem Propheten Muhammad immer wieder erschien, jedoch erschien der Todesengel in unserem Hadith, welcher in Frage gestellt wird, zum ersten Mal Musa. Das ist auch logisch, da der Todesengel nur dann geschickt wird, wenn es um den Tod oder das Versterben geht.
[3] Dies bedeutet nicht, dass das jeder dann tun darf wann er will. Im Islam gibt es keine Selbstjustiz, zu allen Angelegenheiten der sharia gehören stets Beweise und Zeugen.

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