Qur’an: Gleichnis mit dem Senfkorn
Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen!
Es ist in unserem Jahrhundert Trend, dass christliche Missionare Behauptungen aufstellen, um den Islam auf dasselbe Level wie das Christentum zu bringen. Da Jesus, für sie eine Gottheit, zu Gott betete, behaupten sie beispielsweise, dass Allah ebenfalls zu Muhammad bete. Ein weiteres Beispiel ist, dass sie dem Islam Götzendienst zuschreiben, obwohl sie dies durch das Anbeten eines Menschen und dem Aufstellen sämtlicher Abbildungen, Statuen und Bildnisse selbst tun. Das Prinzip ist also, dass sie einen Makel ihrer Religion ebenfalls dem Islam zuschreiben wollen, um mindestens auf demselben Level zu sein. Oftmals versuchen sie, erfundene islamische Prinzipien schlimmer darzustellen und werfen den Muslimen sämtliche Behauptungen und Beleidigungen an den Kopf, obwohl sie die eigentlichen sind, welche diese Werte vertreten. Dass sie krampfhaft sämtliche Kritik erzeugen, welche die Muslime gegenüber dem christlichen Glauben verwenden, zeigt, dass sie selbst nicht dazu bereit sind, hinter ihren eigenen Werten voll und ganz zu stehen. Denn im Gegensatz zu den Muslimen geben sie zu, dass der „Gott“ Jesus zum „Gott“ Vater gebetet hat und sie einen Menschen anbeten. Oftmals werden diese Konter der christlichen Missionare als Antworten auf die Kritik an das Christentum verwendet.
Um nicht vom Thema allzusehr abzuschweifen: in diesem Artikel präsentiere ich euch einen weiteren lächerlichen Versuch, einen Fehler, der in der Bibel existiert, dem Qur’an zuzuschreiben.
Vorwurf
Wir wissen, dass Jesus im Neuen Testament das Senfkorn fälschlicherweise als das kleinste aller Samenkörner bezeichnete:
Matthäus 13:31-32
„Jesus erzählte ein weiteres Gleichnis: »Mit Gottes himmlischem Reich ist es wie mit einem Senfkorn, das ein Mann auf sein Feld sät. Es ist zwar das kleinste von allen Samenkörnern, aber wenn es aufgeht und wächst, wird es größer als andere Sträucher. Ja, es wird zu einem Baum, auf den die Vögel fliegen, um in seinen Zweigen ihre Nester zu bauen.«“
Es ist bekannt, dass das Senfkorn weder das kleinste aller Samenkörner ist, noch zu einem Baum wird, auf dem die Vögel fliegen, um in dessen Zweigen ihre Nester zu bauen. Körner, die kleiner als Samenkörner sind, sind beispielsweise Orchideensamen.
Christliche Missionare wie Christian Prince weisen dann auf folgende Verse des Qur’an hin und behaupten, dass Muslime nicht das Recht hätten, die Bibel auf diese Art und Weise zu kritisieren, da der Qur’an abgeschrieben habe und „den eigentlichen“ (er meint wohl eher: denselben) Fehler gemacht hätte:
يَا بُنَيَّ إِنَّهَا إِنْ تَكُ مِثْقَالَ حَبَّةٍ مِنْ خَرْدَلٍ فَتَكُنْ فِي صَخْرَةٍ أَوْ فِي السَّمَاوَاتِ أَوْ فِي الْأَرْضِ يَأْتِ بِهَا اللَّهُ ۚ إِنَّ اللَّهَ لَطِيفٌ خَبِيرٌ
Qur’an 31:16
O mein lieber Sohn, gewiß, wäre es auch das Gewicht eines Senfkorns und befände es sich in einem Felsen oder in den Himmeln oder in der Erde, bringt es Allah bei. Gewiß, Allah ist Feinfühlig und Allkundig.
Antwort
Der Unterschied zwischen Qur’an und Bibel ist klar erkennbar. Die Bibel spricht davon, dass das Senfkorn das kleinste unter allen Samenkörnern ist. Der Qur’an hingegen spricht nicht von der Größe des Senfkorns, sondern vom Gewicht. Es gibt einen großen Unterschied zwischen Größe und Gewicht. Ausschlaggebend jedoch ist, dass der Qur’an im Gegensatz zur Bibel nicht die Behauptung aufstellt, dass das Senfkorn das kleinste aller Samenkörner ist. Der Qur’an erwähnt lediglich, dass Allah alles weiß und sieht, selbst wenn es im Gewicht eines Senfkorns (Anspielung auf eine schlechte Tat, die so gering vom Gewicht ist, wie das eines Senfkorns) wäre, Allah dessen wohl kundig ist und hervorbringen kann. Der Bezug auf das Gewicht wird vor Allem in einem anderen qur’anische Vers klar, in dem der Senfkorn in Bezug auf die Waage erwähnt wird:
وَنَضَعُ الْمَوَازِينَ الْقِسْطَ لِيَوْمِ الْقِيَامَةِ فَلَا تُظْلَمُ نَفْسٌ شَيْئًا ۖ وَإِنْ كَانَ مِثْقَالَ حَبَّةٍ مِنْ خَرْدَلٍ أَتَيْنَا بِهَا ۗ وَكَفَىٰ بِنَا حَاسِبِينَ
Qur’an 21:47
Und Wir stellen die gerechten Waagen für den Tag der Auferstehung auf. So wird keiner Seele um irgend etwas Unrecht zugefügt; und wäre es auch das Gewicht eines Senfkorns, Wir bringen es bei. Und Wir genügen als Berechner.
Zu behaupten, dass der Qur’an einen ähnlichen Fehler machen würde, missachtet also nicht nur, dass der Qur’an gar keine Behauptung in Bezug auf die Größe zu den anderen Körnern aufstellt, sondern auch, dass es einen Unterschied zwischen Größe und Gewicht gibt. Ein Luftballon ist beispielsweise größer als ein Hufeisen, jedoch niemals schwerer als letzteres. Wenn man den Luftballon an diesem Hufeisen befestigen würde, würde der Luftballon trotz seiner Größe nicht die Kraft haben, gen Himmel zu fliegen, weil der Hufeisen dies durch sein Gewicht verhindern würde.
Man kann also höchstens schlussfolgern, dass Allah durch Sein Gleichnis auf eine sehr geringe Masse hinweist. Man mag meinen, dass der Autor des Qur’an hier für Sein Gleichnis (Seiner Meinung nach) das Objekt mit dem geringsten Gewicht verwendet, was jedoch nicht richtig ist. Der Grund dafür ist, dass Allah beispielsweise auch das Gewicht einer zarra erwähnt, welche geringer als das eines Senfkorns ist:
فَمَنْ يَعْمَلْ مِثْقَالَ ذَرَّةٍ خَيْرًا يَرَهُوَمَنْ يَعْمَلْ مِثْقَالَ ذَرَّةٍ شَرًّا يَرَهُ
Qur’an 99:7-8
Wer nun im Gewicht eines Stäubchens Gutes tut, wird es sehen. Und wer im Gewicht eines Stäubchens Böses tut, wird es sehen.
Zarra war und ist ein geläufiges Wort der arabischen Sprache und bezieht sich auf kleinste Partikel, die existieren. Aus diesem Grund wird dieses Wort als „Stäubchen“, „Atompartikel“ oder „Staubpartikel“ übersetzt und ist definitiv kleiner als ein Senfkorn.
Eine Ähnlichkeit zur Kritikfreiheit in der Bibel
Kleine Objekte wie Senfkörner werden gerne in religiösen Schriften erwähnt. Jesus verwendet an einer anderen Stelle des Neuen Testaments das Senfkorn, um auf den schwachen Glauben der Menschen hinzuweisen:
Matthäus 17:20
„»Weil ihr nicht wirklich glaubt«, antwortete Jesus. »Ich versichere euch: Wenn euer Glaube nur so groß ist wie ein Senfkorn, könnt ihr zu diesem Berg sagen: ›Rücke von hier nach dort!‹, und es wird geschehen. Nichts wird euch dann unmöglich sein! «“
Es wäre ungerecht und nicht gerechtfertigt, wenn Muslime diesen Bibelvers verwenden und dabei behaupten würden, dass Jesus in dieser Passage behauptet, das Senfkorn sei das kleinste aller Körner, obwohl er dies in diesem Vers nicht sagt. Das wäre dasselbe, was die Islamkritiker den qur’anischen Versen zuschreiben - sie schreiben ihm Behauptungen zu, die er nicht getätigt hat.
Abgesehen von diesem Vers behauptet Jesus jedoch tatsächlich in Matthäus 13:31-32 sowie in Markus 4:30-32, dass das Senfkorn das kleinste unter allen Samenkörnern ist.
Allah weiß es am besten!
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