Schöpfung aus einer krummen Rippe: Verhöhnt der Islam Frauen?
Im
Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen!
Danke an: www.letmeturnthetables.com
Mufti Muhammad Taqi Usmani
Info:
Dies ist die lange und detaillierte Antwort auf das Missverständnis des
Hadiths. Eine kürzere Antwort hierzu ist ganz unten bei „Mein Schlusswort (Khalid, kurze
Zusammenfassung):“ zu finden!
قال رسول الله صلى الله عليه وسلم: واستوصوا بالنساء خيرا، فإنهن خلقن من ضلع، وإن أعوج شيء في الضلع أعلاه، فإن ذهبت تقيمه كسرته، وإن تركته لم يزل أعوج، فاستوصوا بالنساء خيرا
Der
Gesandte Allahs (Allahs Segen und Friede seien auf ihm) sagte: „Behandelt die
Frauen gut; denn die Frau ist aus einer (gekrümmten) Rippe geschaffen worden,
und der am stärksten gekrümmte Teil ist in der oberen Region. Wenn du sie
gerade biegen willst, wirst du sie brechen, und wenn du sie lässt, wie sie ist, wird sie verbogen bleiben. Behandle also die Frauen gut." (Al-Bukhari und Muslim)[2]
Manche
Gelehrte haben gesagt der Hadith habe die Bedeutung, dass Allah - der
Allmächtige – zuerst Adam schuf und dann Eva durch seinen Rippenknochen.[3]
Andere Gelehrte haben den Hadith anders interpretiert (in einer symbolischen
Bedeutung).[4] Diese
haben ihn so erklärt, dass das Beispiel einer Frau wie das einer Rippe ist, die
verkrümmt/gebogen erscheint, jedoch die wahre Schönheit eben in der Verkrümmung
liegt. Wenn jemand versucht, ihn gerade zu biegen, wird der Knochen brechen und
wenn man dann versucht, ihn wieder in seine ursprüngliche Form zu bringen, wird
er nie wieder seine originale schöne Form erreichen.
Es heißt
weiterhin im Hadīth:
عن أبي هريرة، أن رسول الله صلى الله عليه وسلم قال: المرأة كالضلع، إن أقمتها كسرتها، وإن استمتعت بها استمتعت بها وفيها عوج
Abu
Hurairah (Allahs Wohlgefallen auf ihm), berichtet, dass der Gesandte Allahs
(Allahs Segen und Friede seien auf ihm) sagte: „Die Frau ist wie eine Rippe:
Wenn du versuchst, sie gerade zu biegen, würdest du sie zerbrechen, und wenn du
aus ihr Nutzen ziehen möchtest, kannst du es trotz ihres Gebogenseins.“
(Al-Bukhari und Muslim)[5]
Hier hat der Prophet
diese Sache so beschrieben, indem er mit einem sehr merkwürdigen, jedoch sehr
weisen Vergleich ankommt, dass das wahre Ich der Frau und ihre Schönheit in
ihrem natürlich gekrümmten Zustand liegt und wenn man sie begradigen will, sie
verletzt und leidet. Manche Leute verwenden dieses Gleichnis, um Frauen zu
schmähen oder zu verdammen. Dies machen sie, weil sie aus einem gekrümmten
Knochen erschaffen wurde und ihre natürliche Veranlagung gebogen (krumm) ist.
Jedoch hat die Aussage unseres Propheten nicht dies als Bedeutung.
Allah – der
Allmächtige – hat den Mann mit einigen Vornehmlichkeiten und die Frau mit
anderen Vornehmlichkeiten erschaffen. Es gibt Unterschiede in der Natur der
beiden Geschlechter. Wegen den Unterschieden denkt der Mann, eine Frau sei
anders als seine natürliche Veranlagung und seiner Vornehmlichkeiten, jedoch
ist die nicht die Schwäche der Frau, sondern ihre Natur. Dies ist ähnlich zum
Beispiel mit der gebogenen Rippe: dass man denkt, die Rippe sei gekrümmt,
bedeutet nicht, dass dies gegen die Natur ist (sondern eher von der Natur).
Dies ist der Grund, warum der Prophet Muhammad Männer dazu anwies, die Frauen
nicht zu verdammen, wenn sie diese anders als sich selbst vorfinden, sondern
den Unterschied als die Natur der Frau anzuerkennen.
Wenn jemand
versucht, die Rippe aufzurichten – oder in diesem Fall – die natürliche
Veranlagung der Frau zu verändern, wird er sie dadurch verletzen.
Durch diesen
Hadith erklärt der Prophet, dass das gerade verlaufende oder gebogene/gekrümmte
relativ ist. Wenn man sich eine Sache aus einem bestimmten Winkel anschaut,
findet man es gekrümmt vor und wenn man sich eine Sache aus einem anderen
Winkel anschaut, findet man es gerade vor. Wenn man sich die Straße aus dem
Fenster anschaut, findet man vor, dass sie gekrümmt ist. Wenn man sich aber die
Straße anschaut, wenn man auf der Straße ist, findet man sie gerade vor. Es ist
die Wahrnehmung, die dies verursacht.
Jedenfalls:
die Intention des Hadiths ist es, zu zeigen, dass die natürliche Veranlagung
des Mannes unterschiedlich ist als die einer Frau. Da dies so ist, könnte die
Frau ihm komisch oder unterschiedlich vorkommen, wo doch dies in Wahrheit ihre
wahre natürliche Veranlagung ist.[6]
Dies ist der
Grund, warum der Prophet uns darin unterrichtet, nicht zu versuchen, sie zu
ändern, da das sie verletzen würde.
In Mufīd aṭ-Ṭālibīn,
einem Buch, das für Anweisungen in der arabischen Sprache verwendet wird, gibt es
eine Geschichte. In der Geschichte geht es um den Adler eines Königs, welcher
davon flog und zum Wohnort einer alten Frau ankam. Die alte Frau fing an, den
Adler zu versorgen. Als sie sah, dass der Schnabel des Adlers gekrümmt ist und
seine Krallen auch gebogen sind, bekam sie Mitleid mit ihm und dachte, dass der
arme Vogel viel mehr Schwierigkeiten dadurch hätte, etwas zu essen, da sein
Schnabel gekrümmt ist und es ebenso schwer hätte zu laufen, da seine Krallen
gebogen sind. Sie wollte somit den Adler entlasten, indem sie seinen Schnabel
und seine Krallen abschnitt. So verletzte er den Adler und dies führte dazu,
dass er stark verblutete. Der Adler verlor dann die Möglichkeit, sich
fortzubewegen, wie er es davor zu tun pflegte.[7]
Diese
Geschichte wurde als ein Beispiel der Liebe eines Narren erwähnt. Die alte Frau
tat dies aus ihrem Mitgefühl/Mitleid und ihrer Liebe für den Adler heraus, ohne
ihren Verstand einzuschalten. Sie hat nicht
begriffen, dass die Krümmung und Gebogenheit des Schnabels und der Krallen Teil
dessen Natur ist und schlechthin die Quelle dessen Schönheit. Ohne diese
gekrümmten Teile seines Körpers ist er kein Adler. [Gleichermaßen ist eine Frau
unterschiedlich im Vergleich zu einem Mann, weswegen man nicht versuchen sollte
das zu verändern, was ihre Natur ist.]
–
Usmani, Muhammad Taqi, „Islam aur daur
hāzir kay shubhāt aur mughaālty“ Zusammengestellt von Muhammad Umar Anwar,
(Karachi: Zamzam Publishers, 2014) 354-356
Addendum:
In einer Rede über
Hadith-Berichte und die voreilige Reaktionen der Leute, erklärte Dr. Jonathan
Brown[8]
die Angelegenheit sehr gut. Er sagte:
Wir schauen uns
diese Hadithe an und wir verdächtigen sie: diese sind sexistische Hadithe! Wie
der bekannte Hadith welcher besagt dass Frauen aus einem gekrümmten
Rippenknochen erschaffen wurden und wenn du versuchst sie (die Frau) gerade zu
biegen, wirst du sie brechen. Deswegen musst du sie genießen wie sie ist. Wenn
du versuchst sie gerade zu biegen und somit brichst, wirst du von ihr
geschieden sein.
Leute schauen sich
das an und denken: „Oh, das ist sexistisch.“ Aber wieso gelangen wir zu dieser
Schlussfolgerung?
Wir sollten uns
wirklich zunächst nur die Bedeutung des Hadithes anschauen.
Und der Grund,
wieso ich darüber so dachte, war, dass ich vor meiner Heirat das Buch „Männer stammen
vom Mars, Frauen von der Venus“ las. Jeder erzählte mir davon, es zu lesen und
was stand darin? Es hieß in dem Buch, dass man nicht versuchen sollte, die
Probleme der Frau für sie zu lösen und nicht erwarten solle, dass sie so wie
der Mann ist – man sollte sie so akzeptieren, wie sie ist.
Man soll nicht
erwarten, dass sie sich ändert, man sollte einfach für sie da sein und manchmal
tut sie Dinge, die für dich keinen Sinn ergeben, jedoch sollte man dies
akzeptieren. Das ist so, weil Männer aus dem Mars kommen und Frauen von der
Venus.
Und als ich dann
diesen Hadith las, realisierte ich, dass dies dieselbe Botschaft ist. Hier
spricht der Hadith eben die Männer an. Ich garantiere euch, wenn man alle
Männer dieser Konferenz in einen Raum bringen würde, würden sie alle anfangen
darüber zu reden, wie sie sich ihre Frauen zumutbarer wünschen würden, wieso
sie nicht so denken, wie sie selbst denken, warum sie es auf diese Art und
Weise sieht und nicht anders. Wenn Männer die ganze Zeit auf diese Art und
Weise herumsitzen, werden sie unglücklich und werden ihre Ehe unglücklich
beenden, denn du wirst es sowieso niemals schaffen, dass deine Ehepartnerin
genau exakt so sein wird.
Du wirst niemals
dazu fähig sein, sie zu begradigen. Du hast sie als Person so zu akzeptieren,
wie sie ist und wenn du dies tust, wirst du mit ihr ein glückliches
Zusammenleben führen.
Der Grund also, wieso ich so dachte, war das Buch „Männer stammen vom Mars, Frauen von der Venus“ – ich realisierte, dass dieselbe Botschaft im Hadith vorzufinden war. Man sieht bei Diskussionen oder wenn Muslime sich zusammen treffen oder wenn eine Konferenz stattfindet und einige Sprecher kommen und über Hadithe reden, dass es immer einen gibt, der in der Audienz aufsteht und sagt: „Aber Bruder, was ist mit dem Hadith des gekrümmten Rippenknochens bei der Frau und ist das nicht sexistisch?“ Warum ist es so, dass wir immer auf diese Schiene springen? Warum halten wir nicht an und denken uns, dass der Prophet Lehren und Weisheiten offeriert? Und es kann sein, dass der Hadith in diesem Fall nur Männer anspricht und ihnen erzählt, dass sie ihre Sichtweise ändern sollen in Bezug auf ihre Ehen und Bindungen.
.
Mein
Schlusswort (Khalid, kurze Zusammenfassung):
In unserer post-feministischen Welt ist dies ein Hadith, den viele
Leute gegen den Islam aufbringen, um ihn als eine rückwärtsgewandte Religion
vorzustellen.
Lasst uns unsere Kenntnisse von oben zusammenstellen:
· Der Gesandte
Allahs zeigt, dass Frauen gekrümmt/verbogen/gewölbt sind – wie ein
Rippenknochen.
· Dies bedeutet
jedoch, dass sie nicht exakt so sein wird, wie man sie haben möchte. Sie haben
ihre eigene Art und Weise, wie sie Sachen machen. Und diese ist nicht
erforderlicher Weise auf die Art und Weise, die man erwarten würde.
· Basierend
darauf empfahl er uns, nicht zu versuchen, sie „in Ordnung zu bringen“, sondern
sie dabei zu belassen, wie sie sind.
· Dies bedeutet
keineswegs, dass man es unterlassen sollte, ihnen ihre Religion beizubringen
etc., sondern dies bedeutet eher, dass man nicht versucht, deren Natur zu
verändern.
· Zusätzlich
sagte ein Gefährter: „Das Brechen des Knochens ist die Scheidung.“ Dies wird
zudem durch eine andere Überlieferung gestützt, bei der der Gesandte Allahs die
Frauen als „(empfindliche) Glasgefäße“ beschrieb.
· Um
zusammenzufassen: dieser Hadith beinhaltet ehelichen Ratschlag: Frauen sind
verschieden, deswegen sollte man ihre Natur nicht ändern; akzeptiert sie so,
wie sie sind.
· Allah sagt im
Qur’an 95:4 folgendes: Wahrlich, Wir haben den
Menschen in bester Form erschaffen.
Und in 32:7 folgendes: Der
alles gut gemacht hat, was Er erschuf. Und Er begann die Schöpfung des Menschen
aus Ton.
· Somit zeigt
der obige Qur’anvers, dass der Hadith hier keinen Nachteil anspricht, der ihr
von Natur aus gegeben wurde, d.h. keiner wurde besser als der andere
erschaffen. Das bedeutet: die Krümmung steht keineswegs für die von Natur aus
gegebene „Falschheit“ des Wesens der Frau. Eher beschreibt der Hadith hier die
unterschiedliche Ausführungsart/Verhaltensweise von Mann und Frau, hier im
Beispiel aus der Sicht des Mannes.
· Rippenknochen
haben die Funktion, wichtige Organe einschließlich des Herzens zu beschützen.
Um diese Funktion ausführen zu können, müssen sie eine gekrümmte Form haben.
· Somit wurden
die Rippenknochen von Allah in einer „gekrümmten“ Form erschaffen, damit sie
ihre Aufgabe perfekt erfüllen können. Der gerade Rippenknochen ist defekt – der
„gekrümmte“ ist der mit der perfekten Form für dessen Funktion!
· Denn wenn man
sagt „der Knochen ist gekrümmt“, so bedeutet es nicht, dass er in seiner Fertigung
defekt ist, sondern man beschreibt dadurch nur die Form des Knochens. Die
gekrümmte Form stellt eher die Perfektion der Schöpfung dar, da sie (siehe
oben) wichtige Funktionen erfüllen.
· Dies ist
ähnlich zu Frauen: Allah schuf Männer und Frauen, damit sie ihre Funktion
erfüllen – jeder erfüllt eine andere Funktion und wurde somit unterschiedlich
geschaffen.
· Was der
Prophet Muhammad somit lediglich sagte, ist: versuche nicht die Natur der Frau
zu ändern, denn sonst kann sie ihre Funktion nicht erfüllen. Das selbe gilt
auch für Männer.
[1] Hierbei
habe ich wie bei all meinen Artikeln, die am Anfang auf www.letmeturnthetables.com und www.icraa.org hinweisen, den englischen Artikel
ins Deutsche übersetzt.
[3]
Diejenigen, die sagen, dass dies zur Erschaffung Evas von Adam referiert,
bringen folgende Argumente vor:
a) Qur’an
4:1
O ihr Menschen, fürchtet euren Herrn, Der euch erschaffen hat aus
einem einzigen Wesen; und aus ihm erschuf Er seine Gattin, und aus den beiden
ließ Er viele Männer und Frauen entstehen. Und fürchtet Allah, in Dessen Namen
ihr einander bittet, sowie (im Namen eurer) Blutsverwandtschaft. Wahrlich,
Allah wacht über euch.
„aus
ihm“ soll sich auf Adam beziehen.
b) Die
Formulierung des Hadithes selbst: „aus einer Rippe geschaffen“
c) Berichte
von Ibn ‘Abbas und anderer Gefährte, die sagen, dass Eva aus Adams
Rippenknochen erschaffen wurde, währen er schlief, siehe al-’Asqalani, Ibn
Hajar, Fath al-Bārī, (Beirut: Dar al-Ma’rifa, 1379 AH) Vol.9, 25
[4] Die figurative Interpretation
des Hadiths basiert auf folgende Argumente:
a) Die
Formulierung des Hadithes in anderen Versionen: „Die Frau ist wie eine Rippe“
b) Der
Hadith besagt nicht „Eva wurde aus einem Rippenknochen erschaffen“, sondern er
spricht über die Frauenwelt. Somit muss dieser figurativ sein, siehe Abu Hayyān
al-Andaulsi, al-Bahr
al-Muhīṭ fi at-Tafsīr, (Beirut: Dar al-Fekr: 1420 AH) Vol.3, 494
c) Frauen
wurden auf gekrümmte Rippenknochen durch einige Poeten bezogen, was auch von Ibn
Qutaybah als Erklärung zu diesem Hadith zitiert wurde, siehe ‘Uyūn al-Akhbār,
(Beirut: Dar al-Kotob al-‘Ilmiyyah: 1418 AH) Vol.4, 77; Also see Taqi Usmani,
Takmilah Fath al-Mulhim, (Beirut: Dar al-Ahya at-Turath, 2006) Vol.1, 136
d) Qur’an
4:1 kann sich bei „aus ihm“ auf die Menschheit beziehen - im Allgemeinen und
nicht als Individuum, siehe Abu Hayyān al-Andaulsi, al-Bahr al-Muhīṭ fi
at-Tafsīr, Vol.3, 494
e) Was
das Argument „aus einer Rippe geschaffen“ betrifft, so kann dies wie die Ayah „Der Mensch ist ein Geschöpf der Eilfertigkeit. Ich werde
euch Meine Zeichen zeigen, aber fordert nicht von Mir, daß Ich Mich übereile.“
(Qur’an 21:37) verstanden werden, siehe Abu
Hayyān al-Andaulsi, al-Bahr al-Muhīṭ fi at-Tafsīr, Vol.3, 494
[6] Es ist
bekannt, dass das, was von der Natur stammt, unverfälscht ist und der „besten
Form“ (siehe Qur’an 95:4) angehört.
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