Widersprüche im Koran: 3. Schöpfung

3. Schöpfung
(1) Was wurde zuerst erschaffen? Himmel oder Erde?
Universum
Koran 79:27
Waret ihr (in eurer Eigenschaft als Menschen etwa) schwerer zu erschaffen, oder der Himmel, den er aufgebaut hat?
Erde
Koran 41:10
Und er hat auf ihr feststehende (Berge) gemacht (die) über ihr (hoch aufragen). Und er hat sie gesegnet und die Nahrungsmittel (für Mensch und Vieh) auf ihr (im richtigen Maß) bestimmt. (Das alles hat er) in (insgesamt) vier Tagen (geschaffen) - eine glatte Rechnung für diejenigen, die (danach) fragen (? sawaa`an lis-saa`iliena).
Koran 41:11
Und er bestimmte, daß es sieben Himmel sein sollten, (und erschuf diese Himmel) in zwei (weiteren) Tagen. Und in jedem Himmel gab er die Weisung über das, was darin geschehen sollte (wa-auhaa fie kulli samaa`in amrahaa). Und den unteren Himmel versahen wir mit dem Schmuck von Lampen (masaabieh) und (bestimmten diese auch) zum Schutz (vor neugierigen Satanen). Das ist (alles) von ihm bestimmt, der mächtig ist und Bescheid weiß.
Erde
Koran 2:29
Er ist es, der euch alles, was auf der Erde ist, geschaffen und sich hierauf zum Himmel aufgerichtet und ihn zu sieben Himmeln geformt hat. Er weiß über alles Bescheid.
Antwort:[1]
Hiermit ist kein Widerspruch feststellbar, denn:
Das Universum, obwohl vor der Erde entstanden, befindet sich bekanntlich noch heute, lange nach dem Entstehen der Erde, in einem Prozess der fortwährenden Entwicklung und Veränderung.
Was in den Versen 2:29 und 41:11 mit „sodann“ übersetzt wurde, ist das arabische thumma. Dieses kann, muss im Arabischen jedoch nicht unbedingt eine zeitbezogene Reihenfolge, sondern kann auch eine Reihenfolge der Gewaltigkeit, in welcher das im positiven oder auch negativen Sinne Gewaltigste an letzter Stelle erwähnt wird, ausdrücken. So kann es auch mit „zudem“ oder „obendrein“ übersetzt werden, oder „und ansonsten, noch gewaltiger, ...“. An anderen Stellen im Koran wird eine nicht-chronologisierende Bedeutung von thumma - teils eindeutig - sichtbar.[2] In 41:11 selbst existiert ein Anhaltspunkt für die nicht-chronologisierende Bedeutung, zumal diesem Vers zufolge die Erde offenbar in den Schöpfungsprozess der Himmel eingebunden ist und dies als Sprung zurück in die Zeit vor Vollendung der Schöpfung der Erde gewertet werden könnte. - Es ist hingegen der Ausdruck ba€da dhâlika in 79:27, der wörtlich „danach“ bedeutet. Auch die Partikel fa („worauf“, „da“) kann je nach Konstellation eindeutig chronologisierend sein, so auch überall in den hier besprochenen Versen.
Auch unter der Annahme, dass thumma hier die zeitliche Reihenfolge meint, stünde weiterhin nirgendwo in den Versen, der Himmel habe erst nach der Erde zu existieren begonnen. Schließlich steht dort nicht „Danach erschuf Er den Himmel“, sondern Er wandte sich dem Himmel zu, also einem bereits existierenden Himmel. - Besonders interessant: Das Pronomen in worauf Er sie zu sieben Himmeln ausformte und in worauf Er sie zu sieben Himmeln abschloss steht noch vor der expliziten Erwähnung der „sieben Himmel“ im echten Plural (hunna) statt im Singular (hâ), und schon zuvor das Wort „freiwillig“ in Freiwillig sind wir nun gekommen im Plural (Tâ°i€în) statt im erwarteten Dual (Tâ°i€ayn). Offenbar existierte nach dem Koran der Himmel nicht nur bereits, sondern lag auch schon in Form mehrerer Himmel vor. Also meinen die Verse nicht den Beginn der Existenz der Himmel, sondern die (weder eine Milliarden Jahre lange Entwicklung noch spätere Phasen des Niedergangs ausschließende) letzte Phase der Vollendung ihrer Form. Darauf deuten die verwendeten Begriffe des Abschließens (qaDâ) und Ausformens (sawwâ) hin. Besonders Letzteres muss vom Begriff des Erschaffens und allgemeinen Formens (khalaqa) gut unterschieden werden, assoziiert Vollendung und bezeichnet näherungsweise etwas wie den „letzten Schliff“.[3]
Auch ist 79:27-33 nicht klar zu entnehmen, dass die Erde nach dem Himmel erschaffen wurde, sondern nur, dass sie danach angerichtet (daħâ)[4] wurde. Ebenfalls ist an der Versgruppe nicht zu sehen, wann die Gebirge zu entstehen begannen, da nur von ihrer Stabilisierung die Rede ist, was eher eine Endphase der Gebirgsentwicklung sein wird. Doch aus syntaktischen Gründen6 ist auch die genaue Chronologisierung dieser Stabilisierung anhand der Versgruppe nicht wirklich möglich. Lediglich aufgrund des Anscheins lässt sich vielleicht sagen, dass den Versen zufolge die Stabilisierung nach oder mit dem „Anrichten“ des Erdbodens erfolgte.
(2) Himmel und Erde: Kontrahens oder Expansion?
Zusammen (Kontrahens des Universums)
Koran 41:11
"Hierauf richtete er sich zum Himmel auf, der (damals noch) aus (formlosem) Rauch bestand, und sagte zu ihm und zur Erde: ""Kommt her, freiwillig oder widerwillig!"" Sie sagten: ""Wir kommen freiwillig""."
Auseinander (Expansion des Universums)
Koran 21:30
Haben denn diejenigen, die ungläubig sind, nicht gesehen, daß Himmel und Erde eine zusammenhängende Masse (ratq) waren, worauf wir sie getrennt und alles, was lebendig ist, aus Wasser gemacht haben? Wollen sie denn nicht glauben?
Antwort:
Das ganze beruht auf einen Übersetzungsfehler. Der englischsprachige Islamkritiker hat in seiner Koranübersetzung zu Sure 41 Vers 11 folgendes:
Moreover He comprehended in His design the sky, and it had been (as) smoke: He said to it and to the earth: "Come ye together, willingly or unwillingly." They said: "We do come (together), in willing obedience.
Dieses „together“ hat er als „zusammenkommen“, also als Kontrahens, interpretiert, wobei es eher heißt, dass beide gemeinsam kommen sollen, nicht zusammen
(3) Wie lange hat es Allah gebraucht, Himmel und Erde zu erschaffen?
6 Tage
Koran 10:3
Euer Herr ist Allah, der Himmel und Erde in sechs Tagen geschaffen und sich daraufhin auf dem Thron zurechtgesetzt hat, um den Logos (amr) zu dirigieren. Es gibt keinen Fürsprecher, ohne daß er vorher die Erlaubnis (dazu) gegeben hätte. So (zaalikum) ist Allah, euer Herr. Dienet ihm! Wollt ihr euch denn nicht mahnen lassen?
8 Tage
Koran 41:9-12
Sag: Wollt ihr wirklich nicht an den glauben, der die Erde in zwei Tagen geschaffen hat, und behaupten, daß er (andere Götter) seinesgleichen (neben sich) habe? Er nur ist der Herr der Menschen in aller Welt (al-`aalamuun). Und er hat auf ihr feststehende (Berge) gemacht (die) über ihr (hoch aufragen). Und er hat sie gesegnet und die Nahrungsmittel (für Mensch und Vieh) auf ihr (im richtigen Maß) bestimmt. (Das alles hat er) in (insgesamt) vier Tagen (geschaffen) - eine glatte Rechnung für diejenigen, die (danach) fragen (? sawaa`an lis-saa`iliena). "Hierauf richtete er sich zum Himmel auf, der (damals noch) aus (formlosem) Rauch bestand, und sagte zu ihm und zur Erde: ""Kommt her, freiwillig oder widerwillig!"" Sie sagten: ""Wir kommen freiwillig""." Und er bestimmte, daß es sieben Himmel sein sollten, (und erschuf diese Himmel) in zwei (weiteren) Tagen. Und in jedem Himmel gab er die Weisung über das, was darin geschehen sollte (wa-auhaa fie kulli samaa`in amrahaa). Und den unteren Himmel versahen wir mit dem Schmuck von Lampen (masaabieh) und (bestimmten diese auch) zum Schutz (vor neugierigen Satanen). Das ist (alles) von ihm bestimmt, der mächtig ist und Bescheid weiß.
Antwort:[5]
Hiermit ist kein Widerspruch feststellbar, denn:
Es ist davon auszugehen, dass sich ein Teil der Tage überlagern. Beispiel: Wenn ein Schriftsteller sagt, er habe zwei Bücher in drei Monaten, jedoch an jedem der beiden je zwei Monate geschrieben (scheinbar vier Monate), so bedeutet dies, dass er einen Monat lang an beiden gleichzeitig schrieb.
Wir haben es hier eher mit einer der psychologischen und naturwissenschaftlichen Erstaunlichkeiten des Koran zu tun: 1.) Das Detail der Überschneidung passt nicht zu jemandem, der in der damaligen Zeit einen Bericht mythologisierend lediglich erfindet (man vergleiche die biblische Schöpfungsdarstellung). 2.) Die moderne Kosmologie bestätigt, dass sich die Phasen der Entstehung der astronomischen Objekte des Universums überschneiden.
(4) Aus was wurde der Mensch erschaffen?
Staub
Koran  3:59
Jesus ist (was seine Erschaffung angeht) vor Allah gleich wie Adam. Den schuf er aus Erde. Hierauf sagte er zu ihm nur: sei!, da war er.
Nichts
Koran 19:67
Bedenkt er denn nicht, daß wir ihn vorher geschaffen haben, während er (bis dahin) nichts war?
Lehm
Koran 15:26
Wir haben doch (bei der Erschaffung der Welt) den Menschen aus trockenem, tönenden Lehm, aus schwarzem, zu Gestalt gebildetem Schlamm (? min salsaalin min hama§in masnuunin) geschaffen.
Spermium
Koran 16:4
Er hat den Menschen aus einem Tropfen (Sperma) geschaffen. Und gleich ist er (kaum daß er überhaupt existiert) ausgesprochen streitsüchtig (und rechthaberisch).
Blutklumpen
Koran 96:2
den Menschen aus einem Blutklumpen erschaffen hat!
Wasser
Koran 21:30
Haben denn diejenigen, die ungläubig sind, nicht gesehen, daß Himmel und Erde eine zusammenhängende Masse (ratq) waren, worauf wir sie getrennt und alles, was lebendig ist, aus Wasser gemacht haben? Wollen sie denn nicht glauben?
Antwort: [6]
Hiermit ist kein Widerspruch feststellbar, denn:
Der Mensch ist aus Lehm erschaffen worden, da der erste Mensch aus Lehm erschaffen wurde. Aus Flüssigkeit wird er bei bzw. nach dem Fortpflanzungsakt der Eltern jedes Menschen erschaffen. Das Anhängsel und das Klümpchen sind Embryonalstadien.
Nirgendwo gebraucht der Koran die Formulierung, der Mensch sei „aus Nichts erschaffen“, als sei das Nichts eine Substanz, oder als habe seine Entwicklung nicht in Vorsubstanzen seinen Anfang genommen. Das ist nämlich dasjenige, was 52:35 verneint. Es verneint nicht den Vers 19:67, der lediglich daran erinnert, dass der Vorsubstanz eine Phase vorausging, in welcher sie noch nicht existierte. Man beachte seine Formulierung, in welcher der Ausdruck „aus nichts“ nicht vorkommt: Ich erschuf dich bereits zuvor, obwohl du nichts gewesen warst.
(5) Wie lange dauert es für Allah, zu erschaffen?
Lange
Koran 7:54
Euer Herr ist Allah, der Himmel und Erde in sechs Tagen geschaffen und sich daraufhin auf dem Thron zurechtgesetzt hat (um die Welt zu regieren). Er läßt die Nacht über den Tag kommen, wobei sie ihn eilends (einzuholen) sucht. Und (er hat) die Sonne, den Mond und die Sterne (geschaffen) und sie dabei durch seinen Befehl (amr) in den Dienst (der Menschen) gestellt. Steht nicht ihm (allein) die Erschaffung (der Welt) und der Befehl (amr) (über sie) zu? Allah, der Herr der Menschen in aller Welt (al-`aalamuun) ist voller Segen (tabaaraka).
Kurz
Koran 2:117
Er ist der Schöpfer von Himmel und Erde. Wenn er eine Sache beschlossen hat, sagt er zu ihr nur: sei!, dann ist sie.
Antwort:[7]
Hiermit ist kein Widerspruch feststellbar, denn:
Für die Vereinbarkeit genügt es, wenn die jeweilige Sache sofort zu entstehen beginnt, ganz gleich, wieviel Zeit bis zur vollen Ausreifung ihm bestimmt wurde. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass das koranische kun fayakûn wörtlich bedeutet: „Sei! Darauf wird es.“ (Das Verb yakûn ist im Hauptsatz nie gleichbedeutend mit der deutschen Kopula „ist“.)
Jeder makro- und mesokosmische physische Veränderungsprozess besteht aus unzähligen kleinen Veränderungen auf mikrokosmischer Ebene, d.h. Veränderungen von Molekülen, Atomen und Elementarteilchen. Jedes Teilchen empfängt den „Sei!“-Befehl und verändert seinen Zustand augenblicklich.
Da Gott von Raum und Zeit nicht umfasst wird, hat er früher, jetzt und zukünftig Existierendes zwar zueinander in zeitlicher Reihenfolge stehend, jedoch quasi oder wirklich mit einem einzigen Akt und ohne Verzögerung zwischen Schöpfungswort und Werdung erschaffen (siehe Sure 54:50). In der Betrachtung vonseiten des Menschen ergibt sich der Eindruck der Langsamkeit, da der Mensch in Raum und Zeit gefangen ist.
Es kann davon ausgegangen werden, dass die koranische Formel kun fayakûn nicht in erster Linie auf Schnelligkeit abzielt, sondern darauf, dass Gott {s.w.t.} weder Helfer noch Hilfsmittel benötigt, um eine Veränderung zu bewirken.[8]




[1] http://www.lichtwort.de/indikatoren/was_wurde_zuerst_erschaffen_himmel_oder_erde.shtml
[2] Siehe Suren 3:59; 6:1; 6:154; 7:11; 20:82; 25:45; 90:17 und 23:15. Ein Teil der frühen Exegeten ging bei 7:11 offensichtlich davon aus, dass thumma in mindestens einem seiner dortigen Vorkommnisse entgegen der Chronologie eingesetzt wurde. Der persische Koranexeget Tabariyy wendete sich zwar gegen diese Deutung, allerdings auf der Grundlage, dass ihm seiner Meinung nach zu wenige Sprachzeugnisse hierfür zur Verfügung standen. Doch die Auslegungsweise eines großen Teils der von ihm selbst reichlich zitierten Altvorderen bei diesem Vers hätte er ebenfalls als Sprachzeugnis berücksichtigen müssen.       In Sure 23:15 werden thumma und ba€da dhâlika zugleich benutzt, so dass es plausibler ist, dass eines der beiden nicht-chronologisierend gemeint ist, zumal eine gegenseitige Verstärkung rein chronologisierender Elemente nicht besonders sinnvoll erscheint. - Kurios: Der Koranexeget Qortobiyy leitet - womöglich unbewusst - seine eigenen Worte, in denen er zu 6:154 über das dortige thumma rätselt, mit einem eindeutig nicht-chronologisierenden thumma ein...
[3] Gut sichtbar ist der Unterschied zwischen khalaqa und sawwâ in den folgenden Koranstellen: 15:28-29; 19:17; 38:72; 75:38; 87:2
[4] Auch: „ausgebreitet“, doch ist dies unsicher. Das entsprechende, schon damals seltene arabische Wort daħâ دحا wird semantisch als mit daħħa دحّ weitgehend identisch angesehen und kann im Arabischen bedeuten: „aufblähen“, „geräumig machen“, „füllen“, „stoßen“, „werfen“, „einstampfen“, „schlagen“, „bewachsen lassen“, „anwachsen lassen“. Goldschmidt übersetzt: „Und die Erde bereitete er hinterher.“ - Wie dem auch sei, aufgrund der Syntax und auch nach der Meinung von Ibn Abbâs, dem wichtigsten Koranexegeten, ist die Erläuterung des Wortes in dem darauf folgenden Satz zu suchen: Er brachte ihr Wasser und ihre Weide hervor.
[5] http://www.lichtwort.de/indikatoren/schoepfung_in_sechs_oder_acht_tagen.shtml
[6] http://www.lichtwort.de/indikatoren/sonstige.shtml
[7] http://www.lichtwort.de/indikatoren/schnelle_oder_langsame_schoepfung.shtml
[8] So braucht Er auch die Engel nicht, obwohl er viele von ihnen mit unterschiedlichen Aufgaben betraut hat. Die Ausführung dieser Aufgaben ist keine Hilfe für Ihn, sondern eine Form der Verehrung.

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